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Update Cannabis-Legalisierung: Cannabis Clubs und Modellversuch - Bundesregierung einigt sich auf neue Eckpunkte zur Freigabe von Cannabis

Veröffentlicht am 19th Apr 2023

Die Cannabis-Legalisierung soll kommen – allerdings erst einmal als abgespeckte „Light Variante“: Nach Gesprächen mit der EU-Kommission hat die Bundesregierung ihr Eckpunktepapier zur geplanten Legalisierung von Cannabis zu Genusszwecken in Deutschland überarbeitet und am 12. April 2023 in Berlin vorgestellt. Dessen Eckpunkte sind nicht so weitreichend wie ursprünglich angedacht.

Was sieht der aktuelle Entwurf zur „Legalisierung Light“ vor?

Nachdem eine mögliche Legalisierung von Cannabis zu Genusszwecken in Deutschland seit Jahren kontrovers diskutiert wird, legte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach im Oktober letzten Jahres ein erstes Eckpunktepapier mit rechtlichen Rahmenbedingungen für die geplante Legalisierung vor, welches jedoch Kritik von Fachleuten und auch innerhalb der Regierungskoalition erntete. In Frage stand insbesondere, ob sich das Legalisierungsvorhaben in dieser Form angesichts entgegensprechender völker- und europarechtlicher Vorschriften überhaupt umsetzen lässt. 

Nun hat die Bundesregierung am 12. April 2023 ein neues Eckpunktepapier zur Freigabe von Cannabis zu Genusszwecken vorgestellt, mit dem sie vom Kurs des ersten Eckpunktepapiers und dem Vorhaben einer vollständigen Legalisierung, wie sie ursprünglich im Koalitionsvertrag vorgesehen war, teilweise wieder abrückt.

Das neue Papier sieht im Rahmen des Zwei-Säulen-Modells („Club Anbau & Regional-Modell“, kurz „CARe“) in einem ersten Schritt vor, dass Erwachsene Cannabis in bestimmten Mengen privat oder in nicht-gewinnorientierten Vereinigungen anbauen und privat konsumieren dürfen. In einem zweiten Schritt soll dann im Rahmen regionaler Modellvorhaben der staatliche Anbau von Cannabis und der Erwerb in lizensierten Fachgeschäften ermöglicht werden.

Säule 1: Privater und gemeinschaftlicher, nicht-gewinnorientierter Eigenanbau und Konsum

Die erste Säule, die laut Bundesgesundheitsministerium noch im April 2023 in einem Gesetzesentwurf präsentiert werden soll, sieht unter anderem folgende Eckpunkte vor:

  • Nicht-gewinnorientierte Vereinigungen dürfen unter engen, klar definierten gesetzlichen Rahmenbedingungen Cannabis zu Genusszwecken anbauen und an Mitglieder zum Eigenkonsum abgeben. Die Clubs stehen unter Überwachung der Landesbehörden.
  • Die Anzahl der Mitglieder je Vereinigung wird auf max. 500 begrenzt mit einem Mindestalter von 18 Jahren. Die Anzahl der Vereinigungen kann nach Bevölkerungsdichte begrenzt werden. Die Leitung der Vereinigungen muss durch eine zuverlässige natürliche Person geführt werden.
  • Je Mitglied dürfen maximal 25g Cannabis pro Tag und maximal 50g pro Monat abgegeben werden. Die Abgabe an Vereinsmitglieder unter 21 Jahren ist begrenzt auf 30g pro Monat, zusätzlich mit einer Begrenzung des zulässigen THC-Gehalts (deren Höhe noch erörtert wird).
  • Der Konsum in den Räumlichkeiten der Vereinigung ist ebenso verboten wie der öffentliche Konsum nahe Schulen, Kitas o.ä. sowie in Fußgängerzonen bis 20 Uhr. Es gilt gleichzeitig ein Verbot der Ausgabe von Alkohol, Tabak oder anderen Genuss- und Rauschmitteln.
  • Es gilt ein allgemeines Werbeverbot für die Vereinigungen und für Cannabis, sachliche Informationen sind dagegen zulässig.
  • Für Volljährige wird die Grenze des straffreien Besitzes zum Eigenkonsum auf 25g angehoben. Der straffreie private Eigenanbau umfasst maximal 3 weibliche blühende Pflanzen, die vom Zugriff durch Kinder und Jugendliche zu schützen sind.
  • Für Minderjährige, die Cannabis besitzen oder konsumieren, ist die Teilnahme an Frühinterventions- und Präventionsprogrammen verbindlich.
  • Die Grenzwerte im Straßen-, Schiffs- und Luftverkehr sollen wissenschaftlich überprüft und ggf. angepasst werden.
  • Nach 4 Jahren erfolgt eine Evaluation der Vorgaben mit dem Ziel der Prüfung eventueller Anpassungen.

Säule 2: Regionales Modellvorhaben zum staatlichen Anbau und Verkauf mit kommerziellen Lieferketten

Die zweite Säule des Eckpunktepapiers sieht ein wissenschaftlich konzipiertes, regional und zeitlich begrenztes Modellvorhaben zum staatlichen Anbau und Verkauf von Cannabis vor, mit welchem die Auswirkungen einer kommerziellen Lieferkette auf den Gesundheits- und Jugendschutz sowie den Schwarzmarkt wissenschaftlich untersucht werden sollen.

  • In Kreisen und Städten mehrerer Bundesländer sollen in Modellprojekten Unternehmen die Produktion, der Vertrieb und die Abgabe in Fachgeschäften von Genusscannabis an Erwachsene in einem lizensierten und staatlich kontrollierten Rahmen ermöglicht werden.
  • Die Modelllaufzeit beträgt 5 Jahre ab eingerichteter Lieferkette.
  • Es gilt eine räumliche Begrenzung auf Abgabestellen und Beschränkung auf erwachsene Teilnehmer.
  • Eine Zulassung der Abgabe von sog. „Edibles“ (mit Cannabis angereicherte Lebensmittel) wird unter Wahrung strenger Jugend- und Gesundheitsschutzvorschriften geprüft.
  • Das Modell wird wissenschaftlich begleitet und evaluiert. Die Erkenntnisse werden auch der EU zur Verfügung gestellt.

Diese zweite Säule des Vorhabens ist voraussichtlich weiterhin der EU-Kommission zur Notifizierung vorzulegen.

Fazit und Ausblick

Durch die Überarbeitung des ersten Eckpunktepapiers von Oktober 2022 reagierte das Gesundheitsministerium auf die vielfach geäußerten Bedenken einiger Kabinettskollegen und der Öffentlichkeit.

Im Vergleich zum ursprünglich im Koalitionsvertrag ausgerufenen Ziel einer umfassenden Legalisierung sowie zum ersten Eckpunktepapier aus dem Oktober 2022 wirkt es so, als ob die Bundesregierung mit den neuen Eckpunkten etwas zurückrudert und sich nun mehr am Europäischen Rechtsrahmen orientiert. 

Deutlich wird, dass der Schwerpunkt des neuen Eckpunktepapiers nun vielmehr auf der Entkriminalisierung des privaten Cannabiskonsums und -besitzes liegt, statt auf eine vollständige Legalisierung und staatliche Abgabe zu setzen, die aufgrund völker- und europarechtlicher Bedenken kritisiert wurde. Die Einrichtung von Cannabis Vereinigungen erinnert sehr an die Regelungen anderer europäischer Länder, etwa Spanien, wo „Cannabis Clubs“ bereits Realität sind.

Dieser neue Ansatz einer „Legalisierung Light“ scheint ein Kompromiss zu sein, der den Wunsch nach einer Freigabe von Cannabis zu Genusszwecken aufgreift und gleichzeitig den Bedenken der Kritiker entgegenkommt. 

Nach einigen Kurswechseln in der Vergangenheit, bleibt nun mit Spannung abzuwarten, wie der noch im April zu erwartende Gesetzesentwurf für die erste Säule des Eckpunktepapiers aussehen wird. Nicht minder spannend bleibt der Entwurf für die zweite Säule, der jedoch voraussichtlich erst zeitversetzt im Herbst 2023 vorliegen wird.

Parallel zur nationalen Umsetzung der Gesetzesvorhaben beabsichtigt die Bundesregierung weiter für ihre Ansätze einer progressiven, präventionsorientierten Cannabispolitik auf EU-Ebene zu werben. Dabei soll auch geprüft werden, ob eine Initiative einer ausreichenden Zahl von EU-Mitgliedstaaten möglich sein wird, um den einschlägigen EU-Rechtsrahmen mittelfristig zu flexibilisieren und weiterzuentwickeln.
 

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* This article is current as of the date of its publication and does not necessarily reflect the present state of the law or relevant regulation.

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