Wichtiger Etappensieg mit Auswirkungen auf den unabhängigen Ersatzteilmarkt

Betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen des Landgerichts Köln vom Juni 2021 hat der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) am 27. Oktober 2022 sein Urteil in der Rechtssache ADPA/GVA gegen Peugeot/PSA (C-390/21) gefällt, siehe EuGH-Urteil C-390/21.

Das Urteil ist von grundlegender Bedeutung für den Zugang zu Informationen und Datenbanken in derzeit regulierten Sektoren. Es bestätigt die Rechtsauffassung der von Osborne Clarke vertretenen Kläger ADPA (Automotive Data Publishers Association) und GVA (Gesamtverband Autoteile-Handel), dass der Informationsanbieter bei gesetzlichen Zugangsansprüchen und Gebührenregelungen nicht zusätzlich den Abschluss eines Lizenzvertrages zu eigenen Bedingungen verlangen kann. Vielmehr ergeben sich alle gegenseitigen Rechte und Pflichten ausschließlich und abschließend unmittelbar aus dem Gesetz.

Ältere Fahrzeugmodelle miteingeschlossen

In einer wegweisenden Stellungnahme stellte der EuGH zunächst klar, dass die Verordnung 2018/858 über die Genehmigung und Marktüberwachung von Kraftfahrzeugen auch auf Fahrzeugmodelle anwendbar ist, die vor ihrem Inkrafttreten typgenehmigt wurden, insbesondere auf Euro-5/6-Fahrzeuge. Die Beklagten hatten argumentiert, die Verordnung könne nur für Modelle gelten, die nach September 2020 genehmigt wurden. Sie versuchten daher, den Großteil ihrer Fahrzeuge von der Verpflichtung zur Bereitstellung von Reparatur- und Wartungsinformationen in Form von elektronischen und maschinenlesbaren Datensätzen auszunehmen.

„Angemessene und verhältnismäßige“ Gebühren

Der EuGH hielt zudem fest, dass Fahrzeughersteller für Reparatur- und Wartungsinformationen, die sie dem freien Markt bereitstellen (müssen), nicht nach Belieben „Lizenz-Gebühren" verlangen dürfen. Eine vertragliche Lizenz zur Nutzung der entsprechenden Datenbanken sei gesetzlich nicht vorgesehen. Der gesetzliche Anspruch auf Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen der Fahrzeughersteller umfasse daher die Befugnis, die Informationen für die eigenen geschäftlichen Zwecke auch zu verwerten. Der Ansatz des beklagten französischen Herstellers, eine Vermarktung ohne die gesetzlichen Beschränkungen des „angemessenen und verhältnismäßigen“ Entgelts durchzusetzen, schied daher aus.

Dennoch: Auch nach dem Gesetz müssen Fahrzeughersteller die Informationen nicht kostenlos bereitstellen, sondern können „angemessene und verhältnismäßige" Gebühren verlangen, solange diese nicht vom Informationszugang abschrecken. Damit soll ein wirksamer Wettbewerb auf dem Markt für Reparaturen und Ersatzteile gewährleistet werden.

Weitere Klärung

Der EuGH hat offengelassen, wonach sich diese Gebühren konkret bemessen. Er hat klargestellt, dass es nicht nur um die Erstattung tatsächlicher Kosten geht. Im weiteren Verfahren vor dem Landgericht Köln besteht daher weiter Klärungsbedarf zur Frage, wann Gebühren angemessen und verhältnismäßig sind.

Die Kläger, zwei Branchenverbände, wurden vor dem EuGH von Marcus Sacré, Elisabeth Macher und Paul Schmitz vertreten, die auch das nationale Verfahren weiterführen.

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