Compliance und Aufsichtsrecht

Quick bites: Disputes and Risk – das neue Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG)

Veröffentlicht am 18th Okt 2022

Welches Ziel verfolgt das Gesetz?

Verbesserter Schutz von Hinweisgeber*innen, die bestimmte Gesetzesverstöße gegen EU-Recht oder nationales Recht melden oder offenlegen.

Zusammenfassung der inhaltlichen Vorgaben:

  • Hinweisgeber*innen sollen ein Wahlrecht haben, Gesetzesverstöße an unternehmensinterne oder externe Meldestellen zu melden. Unter bestimmten Voraussetzungen kommt auch eine Offenlegung gegenüber der Öffentlichkeit in Betracht. 
  • Unternehmen müssen den Schutz von Hinweisgeber*innen gewährleisten und ggf. interne Meldestellen einrichten und betreiben.
Wann?
  • Das Gesetz dient der (verspäteten) Umsetzung der EU-Richtlinie 2019/1937 (Whistleblower-RL). Nachdem im April 2022 ein Referentenentwurf vorgelegt wurde, folgte am 27. Juli 2022 ein Regierungsentwurf, der nur geringfügige Änderungen enthält. 
  • Bislang sind Arbeitsgerichte lediglich zur richtlinienkonformen Auslegung deutschen Rechts entsprechend der Whistleblower-RL verpflichtet. Es fehlt an Unternehmenspflichten zur Schaffung von Hinweisgeberschutzsystemen. 
  • Das Gesetz wird drei Monate nach seiner Verkündung in Kraft treten. Es könnte nach der Sommerpause im September den Bundestag passieren und somit noch 2022 Wirkung entfalten.
Wer ist betroffen?

sog. Beschäftigungsgeber

Handelt es sich um einen Beschäftigungsgeber aus einem besonders „störanfälligen“ Bereich (z.B. bei Wertpapier-, Kreditwesen- oder Kapitalmarktbezug, § 12 III)? 

  • HinSchG-Pflichtigkeit gilt unabhängig von der Zahl der Beschäftigten.

Handelt es sich um einen Beschäftigungsgeber mit im Jahr durchschnittlich 50 – 249 Beschäftigten?

  • Errichtung und Betrieb der internen Meldestelle ab 17.12.2023 erforderlich (§ 42). 
  • Diese Unternehmen dürfen eine gemeinsame Meldestelle betreiben (§ 14 Abs. 2).

Handelt es sich um einen Beschäftigungsgeber mit im Jahr durchschnittlich mehr als 249 Beschäftigten?

  • Pflicht zur Errichtung und zum Betrieb einer internen Meldestelle mit Inkrafttreten des Gesetzes
Neue Pflichten für Unternehmen

Errichtung interner Meldestellen (§ 12), die bestimmen Anforderungen genügen müssen: 

  • Mit den Aufgaben der internen Meldestelle können ein oder mehrere fachkundige Beschäftigte oder Dritte als Ombudspersonen betraut werden (§ 14 I, § 15). 
  • Die Identität der hinweisgebenden Person muss umfassend geschützt werden (§ 8). 
  • Alle eingehenden Meldungen sind unter Beachtung des Vertraulichkeitsgebots zu dokumentieren (§ 11).

Was muss ein Unternehmen tun, sobald eine interne Meldung eingeht?

  • Eingangsbestätigung; Prüfung des sachlichen Anwendungsbereichs des HinSchG; Stichhaltigkeitsprüfung (§ 17).
  • Ergreifen von angemessenen Folgemaßnahmen; Rückmeldung an die meldende Person, welche Folgemaßnahmen ergriffen wurden.
  • Als Folgemaßnahme kommt z.B. die Durchführung einer internen Untersuchung in Betracht (§ 18 Nr. 1).
  • Anonyme Meldungen sollen, müssen aber nicht bearbeitet werden (§ 16).

Inwieweit wird die hinweisgebende Person geschützt?

  • Die hinweisgebende Person kann grundsätzlich nicht für Beschaffung und Zugriff auf Informationen sowie für deren erforderliche Weitergabe rechtlich verantwortlich gemacht werden. 
  • Erleidet eine hinweisgebende Person nach einer Meldung eine berufliche Benachteiligung (z.B. Kündigung, Abmahnung), wird vermutet, dass die Benachteiligung eine verbotene Repressalie darstellt. Das Unternehmen muss diese Vermutung widerlegen (§ 36). Gelingt dies nicht, kann die betroffene Person Schadensersatz verlangen (§ 37).
Konsequenzen bei Missachtung der Unternehmenspflichten

Bußgeldbewehrt sind folgende Handlungen bzw. Unterlassungen:

  • Die Behinderung der Meldung eines Hinweisgebers, 
  • das Unterlassen von Errichtung oder Betrieb einer internen Meldestelle,
  • das Ergreifen verbotener Repressalien oder
  • die Verletzung des Identitätsschutzes der meldenden Person.
  • Der Verstoß gegen die Pflicht zur Errichtung einer internen Meldestelle soll mit einem Bußgeld in Höhe von bis zu EUR 20.000 belegt werden können. Für sonstige Verstöße drohen Bußgelder in Höhe von bis zu EUR 100.000.
Was ist jetzt zu tun?
  • Prüfung, ob das Unternehmen dem HinSchG unterfällt und, ob die Errichtung einer gemeinsamen Meldestelle mit anderen Unternehmen in Betracht kommt. 
  • Ist bereits eine Whistleblower-Hotline oder ein ähnliches Meldesystem vorhanden, sollte geprüft werden, inwiefern dieses den Anforderungen des HinSchG genügt. 
  • Das neue Hinweisgebersystem muss sich in die Compliance-Landschaft des Unternehmens einfügen. Insbesondere für die Bereiche Datenschutz und Arbeitsrecht werden vorrangige Spezialregelungen geschaffen. 
  • Wählt das Unternehmen einen Dritten als Ombudsperson, sollten dessen Aufgaben klar definiert werden.
  • Zuletzt: Schaffen einer transparenten und vertrauensvollen Unternehmenskultur

Den Artikel können Sie hier als pdf runterladen. 

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* This article is current as of the date of its publication and does not necessarily reflect the present state of the law or relevant regulation.

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