Mehrurlaub für ältere Arbeitnehmer nicht diskriminierend

Veröffentlicht am 11th Dez 2014

Ungleichbehandlungen von älteren und jüngeren Mitarbeitern waren in den vergangenen Jahren in verschiedenerlei Hinsicht Gegenstand von Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts (BAG), sei es bzgl. Vergütungsstufen, Altersgruppen in der Sozialauswahl oder nur bestimmte Altersgruppen ansprechenden Stellenausschreibungen. Das BAG beurteilt dabei jeweils in Bezug auf die konkrete Fragestellung, ob eine im Einzelfall vorliegende Diskriminierung möglicherweise gerechtfertigt sein kann. So kam es nun bei einem Anspruch auf bezahlten Zusatzurlaub von zwei Tagen pro Jahr für Mitarbeiter ab 58 Jahren zu dem Schluss, dass dies unter dem Gesichtspunkt des Schutzes älterer Mitarbeiter zulässig sei (Urteil vom 21. Oktober 2014 – 9 AZR 956/12).

Der Sachverhalt

Die heute 54-jährige Klägerin ist seit 1994 im beklagten Unternehmen beschäftigt, das Sandalen und Clogs herstellt. Kern des BAG-Verfahrens war letztlich ihr Anliegen, auch in den Genuss des von ihrem Arbeitgeber nur Mitarbeitern ab Vollendung des 58. Lebensjahres gewährten Zusatzurlaubs von zwei Tagen pro Jahr zu kommen, womit sie 36 Tage Urlaub erhalten würde. In den beiden ersten Instanzen war Verfahrensgegenstand zudem ihr Antrag auf Feststellung einer Zahlungsverpflichtung des Arbeitgebers bzgl. diverser Sonderzahlungen (Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie verschiedener Prämien), die dieser als freiwillig betrachtet.

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz gab diesen übrigen Forderungen wegen Bestehens einer betrieblichen Übung weitgehend statt, wies aber die Forderung nach Zusatzurlaub wg. angeblicher Altersdiskriminierung ab und ließ begrenzt nur auf letzteren Punkt die Revision zu (Urteil vom 7. September 2012 – 6 Sa 709/11).

Die Entscheidung

Das BAG hat diese Entscheidung im Umfang der Revisionszulassung nun bestätigt. Es handele sich bei der Gewährung von Zusatzurlaub an ältere Mitarbeiter ab Vollendung des 58. Lebensjahres um eine unter dem Gesichtspunkt des Schutzes älterer Beschäftigter zulässige Ungleichbehandlung (§ 10 Satz 3 Nr. 1 AGG). Der Arbeitgeber habe auch nicht die zu seinen Gunsten bestehende Einschätzungsprärogative überschritten, indem er für die Mitarbeiter dieser Altersgruppe in einem Produktionsbetrieb mit körperlich ermüdender und schwerer Arbeit längere Erholungszeiten gewähre. Zudem entspreche der Umfang von zwei Arbeitstagen pro Kalenderjahr der im Manteltarifvertrag der Schuhindustrie getroffenen Regelung, die mangels Tarifbindung der Parteien keine Anwendung findet, aber als Orientierung herangezogen werden könne.

Hinweise für die Praxis

Die Entscheidung stärkt Arbeitgebern den Rücken, die ihren älteren Mitarbeitern Sondervorteile in geringem Umfang und unter Berücksichtigung der konkreten Belastungen durch die Arbeitstätigkeit zu Gute kommen lassen möchten. Sie ist jedoch kein Freibrief für – wie dies früher teilweise üblich war – nach Lebensalter gestaffelte Urlaubsansprüche. Diese bleiben weiterhin unwirksam (vgl. BAG 20. März 2012 – 9 AZR 529/10).

Neben Zusatzurlaub könnte auch eine verkürzte Arbeitszeit für ältere Mitarbeiter zulässig sein, wenn man insofern den Verweis auf die ILO-Empfehlung Nr. 162 vom 23. Juni 1980 ernst nimmt, auf die zumindest das LAG abstellt. Da dies aber vermutlich eher durch individualvertragliche Regelung im Einzelfall erfolgen wird, bietet diese Thematik weniger Anlass für Klagen jüngerer Mitarbeiter.

Eine weiterhin ungeklärte Frage ist, ab welchem Alter eine Gewährung von Zusatzurlaub gerechtfertigt sein kann. Das LAG Hessen hat dies schon ab Vollendung des 55. Lebensjahres angenommen (Urteil vom 17. Januar 2014 – 14 Sa 646/13). Das LAG Rheinland-Pfalz stellt auf verschiedene Schwellen aus EU-Richtlinien und Arbeitsmarktförderung ab, die bei 50 bis 55 Jahren liegen und bestätigt dann jedenfalls für Mitarbeiter ab Vollendung des 58. Lebensjahres, das sie wohl als schutzwürdige ältere Mitarbeiter anzusehen sind. Hier bleibt abzuwarten, ob der – aktuell noch nicht vorliegende – Volltext der BAG-Entscheidung hierzu weiteren Aufschluss gibt.

Quelle: Pressemitteilung 57/14 des BAG vom 21. Oktober 2014.

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