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Die Arbeit im Metaverse wird neue arbeitsrechtliche Fragen aufwerfen

Veröffentlicht am 19th Apr 2022

Welche Auswirkungen wird das Metaverse auf unsere Arbeitsleben haben?

Close up view on a man typing on a keyboard, working with a desktop and two laptops

Das Metaverse hat seinen Ursprung in der Spieleindustrie, breitet sich aber in einer Reihe von Branchen aus, darunter Immobilien, Handel, Einzelhandel und Kunst. Obwohl wir noch ganz am Anfang dieser Technologie stehen, hat sie eine Reihe von Auswirkungen auf das Konzept von Arbeit und Arbeitsleben, die auch im Rahmen der Webinare der "Metaverse-Woche" von Osborne Clarke untersucht wurden. Das Metaverse schafft nicht nur spezifische (neue) Arbeitsplätze, sondern hat auch das Potenzial, neue rechtliche Fragen aufzuwerfen, die sich nicht nur aus der Technologie selbst ergeben, sondern auch aus der (Weiter-)Entwicklung neuer Rechtskonzepte.

Das Konzept der Arbeit im Metaverse (eine Person als Avatar, die mit Mitarbeitenden als Avatare interagiert) mag weit entfernt erscheinen – zumal das Metaverse derzeit nur in bestimmte Plattformen eingebettet ist. Aber das Ziel ist, dass diese Plattformen alle miteinander verbunden werden.

Gesundheit und Sicherheit

Statistiken der britischen Gesundheits- und Sicherheitsbehörde (Health and Safety Executive), die im Dezember 2021 veröffentlicht wurden, gehen von 451.000 neuen Fällen von arbeitsbedingtem Stress, Depressionen und Angstzuständen in den Jahren 2020/21 aus, wobei ein hoher Prozentsatz dieser Fälle durch das sog. „Remote Working“ verursacht oder verschlimmert wurde. 

Das Metaverse ist im Wesentlichen eine Erweiterung des Remote Working-Konzepts, mit der Möglichkeit, dass ein Arbeitnehmer den Großteil seines Arbeitstages in der virtuellen Realität verbringt. Wenn dies der Fall ist, müssen sich Arbeitgeber der Auswirkungen bewusst sein, die dies auf die psychische Gesundheit ihrer Mitarbeiter haben kann.

In Großbritannien sind Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet, die Gesundheit, die Sicherheit und das Wohlbefinden der Mitarbeitenden zu beurteilen und gute Arbeitsmethoden zu fördern. Dieses Recht wird sich auch auf das Metaverse erstrecken, aber inwieweit dies gilt, ist aktuell schwer abzuschätzen. Insbesondre, wenn die Grenze zwischen Arbeits- und Privatleben  verschwimmt.

Frankreich hat bereits damit begonnen, Mitarbeitende zu schützen, indem es ein Recht „abzuschalten“ eingeführt hat (welches es Arbeitnehmern ermöglicht, sich während der arbeitsfreien Zeit von der Arbeit klar zu trennen). Das Recht abzuschalten ist aber nicht gesetzlich definiert und lässt den Arbeitgebern daher die Freiheit, die Ausgestaltung mit den Mitarbeitenden auszuhandeln.

In Deutschland gibt es derzeit (noch) keinen gesetzlichen Rahmen für ein Recht abzuschalten, aber es werden Diskussionen über die Einführung eines ähnlichen Konzepts geführt.  Wie in Großbritannien und in Frankreich gibt es eine Reihe weiterer Gesetze, die deutsche Arbeitgeber berücksichtigen müssen, wenn sie ihren Arbeitnehmern die Arbeit im Metaverse gestatten, einschließlich Vorschriften über Arbeits- und Ruhezeiten.

Upskilling

Arbeitgeber werden ihre Mitarbeitenden im Umgang mit dem Metaverse schulen müssen. Dazu kann es gehören, dass Mitarbeitende im Unternehmen zu Spezialisten ausgebildet werden oder dass externe Auftragnehmer mit der Schulung beauftragt werden. Wahrscheinlich werden auch Arbeitsplätze geschaffen, die sich auf die Entwicklung des Metaverse konzentrieren, z. B. für Designer und Ingenieure.

Arbeitgeber sollten auch Vielfalt und Integration ganz oben auf die Tagesordnung setzen und darauf achten, dass die Arbeit im Metaverse nicht nur denjenigen Mitarbeitenden zugänglich ist, die sich die Ausrüstung (etwa ein VR-Brille) leisten können und sich im Umgang damit wohlfühlen.

Datenschutz

Der Einsatz von Überwachungsmöglichleiten im Metaverse muss überdacht werden. Arbeitgeber müssen ein Gleichgewicht zwischen der Überwachung der Aktivitäten und dem Recht der Mitarbeitenden auf Privatsphäre finden. 

In Großbritannien ist die Pflicht zur Wahrung des Vertrauens eine stillschweigende Bedingung jedes Arbeitsvertrags. Eine übermäßige Überwachung könnte diese Pflicht verletzen. Um dieses Problem zu bekämpfen, sollten Arbeitgeber eine Datenschutz-Folgenabschätzung durchführen und sicherstellen, dass jede Überwachung verhältnismäßig ist, nur aus legitimen Gründen eingesetzt wird und falls weniger einschneidende Maßnahmen unmöglich sind.

Einige der oben genannten Konzepte sind auch auf die französische und deutsche Perspektive anwendbar. Mitarbeitende brauchen Privatsphäre, auch wenn sie im Metaverse arbeiten, aber da die Überwachung im Grunde permanent ist, müssen Arbeitgeber die Überwachung in ihren Richtlinien sorgfältig definieren. Grundsätzlich darf eine etwaige Überwachung nur während der Arbeitszeit stattfinden.

In Frankreich und Deutschland müssen Arbeitgeber zudem die umfangreichen Vorschriften der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) einhalten, in Großbritannien gelten ähnliche Regeln, wie das Recht auf Information, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und die Einhaltung der Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit. Bußgelder und Klagen können in diesem Bereich nicht ausgeschlossen werden. Arbeitgeber sollten sich daher auf Probleme einstellen und Richtlinien für die Überwachung im Metaverse einführen.

Rechtsstreitigkeiten

Es gibt eine Reihe von Bereiche, mit denen sich Arbeitgeber zukünftig befassen müssen, insbesondere mit der Frage, was passiert, wenn Mitarbeitende eine Belästigungsklage erhebt. Wenn ein Avatar in der Lage ist, körperliche Gesten und Gesichtsausdrücke zu machen - könnte dies im Metaverse als Belästigung gewertet werden? Können die derzeitigen Rechtsvorschriften auf Avatare ausgeweitet werden?

Was geschieht in Großbritannien, wenn ein Avatar andere geschützte Merkmale (protected characteristics PC) gemäß dem Equality Act 2010 aufweist als der Mitarbeitende und die Belästigung auf den PC des Avatars und nicht auf denen des Arbeitnehmers beruht? 

Da die Idee des Metaverse aus der Spiele-Branche entstanden ist, besteht außerdem die Gefahr, dass Mitarbeitende das Verhalten im Metaverse nicht in der gleichen Weise betrachten wie im wirklichen Leben. Um diese Probleme zu überwinden, sollten Arbeitgeber sicherstellen, dass sie Richtlinien aufstellen und ihre Mitarbeitenden darüber aufklären, was akzeptables Verhalten im Metaverse darstellt.

Ein weiteres Thema, das in Großbritannien zu berücksichtigen ist, ist die Haftung für fremdes Verschulden und die Frage, inwieweit Arbeitgeber für das Fehlverhalten ihrer Mitarbeitenden im Metaverse haften. Es ist wahrscheinlich, dass dies von der Geschäftstätigkeit des Arbeitgebers im Metaverse abhängt und dass eine Grenze gezogen werden muss zwischen dem Verhalten, für das ein Arbeitgeber verantwortlich ist, und dem, für das er nicht verantwortlich ist.

Osborne Clarke Kommentar

Die Arbeit im Metaverse wird eine Vielzahl neuer Fragen für Arbeitgeber mit sich bringen, und die Trennung zwischen dem privatem und beruflichem Bereich wird teilweise schwer zu beurteilen sein. Der Arbeitsplatz wird nicht mehr nur das Büro sein. Arbeitgeber sollten sich alsbald auf die damit verbundene zusätzliche Verantwortung vorbereiten.
 

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* This article is current as of the date of its publication and does not necessarily reflect the present state of the law or relevant regulation.

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