Coronavirus COVID-19

SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard

Veröffentlicht am 1st May 2020

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Nach wochenlangen Einschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie kommt es zunehmend zu Lockerungen des öffentlichen und wirtschaftlichen Lebens. Die Gefahr durch das Corona-Virus ist aber längst nicht gebannt.

Daher stellt sich für Arbeitgeber umso mehr die Frage, welche Arbeitsschutzmaßnahmen diese treffen müssen, um ihre Arbeitnehmer zukünftig bestmöglich vor Ansteckungsgefahren zu schützen.

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat kürzlich einen sogenannten SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard veröffentlicht. Das Dokument (hier abrufbar) enthält Hinweise und Leitlinien für mehr Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit.

Was ist das Ziel des einheitlichen Arbeitsschutzstandards?

  • Ziel ist es, dabei zu helfen, Infektionsketten in Betrieben und in der Bevölkerung möglichst zu unterbrechen, sowie die Gesundheit der Beschäftigten zu schützen.
  • Denn gerade durch die Lockerung der bisherigen Beschränkungen treffen wieder mehr Personen im öffentlichen Raum und an Arbeitsstätten aufeinander. Dies muss von einem ergänzenden Arbeitsschutz flankiert werden, da bislang über Art und Umfang notwendiger Maßnahmen des Arbeitsschutzes während der derzeitigen Krise oftmals Unklarheit bestand.

Ist der neue Arbeitsschutzstandard verbindlich für Arbeitgeber? Drohen Sanktionen?

  • Arbeitgeber sollten die Maßnahmen bestmöglich umsetzen: Zwar handelt es sich bei dem veröffentlichten Text zunächst nur um Empfehlungen (nicht um ein Gesetz oder eine Rechtsverordnung), hingegen sind Arbeitgeber aber jederzeit verpflichtet, alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um Gefahren für die Gesundheit der Mitarbeiter zu vermeiden (vgl. § 3 ArbSchG). Zusätzlich trifft den Arbeitgeber eine Fürsorgepflicht gegenüber seinen Arbeitnehmern.
  • Als eine Grundaufgabe im Arbeitsschutz sind Arbeitgeber verpflichtet, die im Betrieb vorhandenen Arbeitsplätze regelmäßig auf Gefährdungen zu untersuchen und geeignete Maßnahmen zur Verminderung oder Beseitigung von Gefährdungen zu treffen. Zudem trifft den Arbeitgeber die Pflicht, die Beschäftigten regelmäßig hinsichtlich des Arbeitsschutzes zu unterweisen.
  • Zur Umsetzung dieser generellen Arbeitsschutzpflichten ist der neue Arbeitsschutzstandard eine gute Orientierung. Denn das Pflichtenprogramm, welches das Arbeitsschutzgesetz oder die allgemeine Fürsorgepflicht den Arbeitgebern auferlegt, ist abstrakt. Die in dem Arbeitsschutzstandard empfohlenen Maßnahmen konkretisieren diese Pflichten für den Umgang mit der derzeitigen Pandemie.
  • Treffen Arbeitgeber jetzt keine Maßnahmen, um der Pandemie zu begegnen, drohen schlimmstenfalls Sanktionen (z.B. Bußgelder, Schadensersatzansprüche gegenüber Arbeitnehmern).

Was sollten Arbeitgeber bei der Umsetzung des Arbeitsschutzstandards beachten?

  • Hilfe zur praktischen Umsetzung z.B. im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung oder der Arbeitsschutzunterweisung bieten die im Unternehmen bestellten Fachkräfte für Arbeitssicherheit und Betriebsärzte. Daneben helfen auch die Berufsgenossenschaften mit beratenden Angeboten und ergänzenden Konkretisierungen für Arbeitsschutzmaßnahmen auf Grundlage des neuen Arbeitsschutzstandards.
  • Arbeitgeber müssen bei der Umsetzung der Arbeitsschutzmaßnahmen vor allem im Blick halten, dass teilweise Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bestehen (z.B. Einführung angepasster Arbeitszeitmodelle, bzgl. der inhaltlichen Ausgestaltung der Gefährdungsbeurteilung, etc.). Auch werfen die vom BMAS vorgeschlagenen Maßnahmen datenschutzrechtliche Fragestellungen auf (z.B. hinsichtlich der Empfehlung einer kontaktlosen Fiebermessung).
  • Im Zweifel sollten sich Arbeitgeber fachkundig anwaltlich beraten lassen, um das Risiko von Verstößen und Sanktionen zu minimieren

Welche Maßnahmen empfiehlt das BMAS?

Das BMAS hebt zwei tragende Grundsätze hervor:

  • Die Einhaltung eines Mindestabstandes vom 1,5 m zwischen zwei Personen sowie die vorsorgliche Bereitstellung von Mund-Nasen-Bedeckungen, sollte der Abstand nicht einhaltbar sein oder Zweifelsfälle vorliegen.
  • Kein Aufenthalt von Personen mit Atemwegssymptomen oder Fieber auf dem Betriebsgelände. Hierbei soll der Arbeitgeber ein Verfahren zur Abklärung von Verdachtsfällen festlegen.

Die wesentlichen Empfehlungen im Einzelnen:

Einhaltung von Mindestabständen

  • Die wichtigste Arbeitsschutzregelung ist die Einhaltung des Mindestabstands von 1,5 m zu anderen Menschen. Diese gilt auch weiterhin – egal ob am Arbeitsplatz oder in der Freizeit.
  • Kann diese Regelung nicht eingehalten werden, muss zu alternativen Schutzmaßnahmen gegriffen werden, wie z.B. transparenten Abtrennungen oder Schutzmasken. Bei der Umsetzung der Abstandsregelung helfen auch Markierungen, Absperrungen oder Zugangsregelungen.

Zurverfügungstellung von Schutzmasken

  • Der Arbeitgeber sollen Mund-Nasen-Bedeckungen zur Verfügung stellen, wenn der Mindestabstand von 1,5 m bei der Arbeit nicht eingehalten werden kann.
  • Alternativ können Arbeitgeber andere Schutzmaßnahmen (z.B. eine transparente Abtrennung) ergreifen.

Vorrangig: Arbeit im Home-Office

  • Arbeitgeber sollten ihre Arbeitnehmer nach wie vor – wenn tatsächlich möglich und rechtlich zulässig – weiterhin aus dem Home-Office beschäftigen.
  • Andernfalls sind für Büroarbeitsplätze die freien Raumkapazitäten so zu nutzen und die Arbeit so zu organisieren, dass Mehrfachbelegungen von Räumen vermieden werden bzw. ausreichende Schutzabstände gegeben sind.

Vorgaben für betriebliche Abläufe

  • Soweit es notwendig ist, dass Arbeitnehmer im Betrieb persönlich anwesend sind, sollte der persönliche Kontakt so weit wie möglich reduziert werden.
  • Ebenso sollten Mitarbeiter möglichst in kleinen festen Teams bzw. in Schichten arbeiten, um wechselnden Kontakt zwischen den Betriebsangehörigen zu vermeiden.
  • Die Nutzung von Verkehrswegen (u.a. Treppen, Türen, Aufzüge) sollten Arbeitgeber so anpassen, dass ausreichender Abstand eingehalten werden kann.
  • Wo Personenansammlungen entstehen (Zeiterfassung, Kantine, Aufzüge etc.) sollen Schutzabstände der Stehflächen z.B. mit Klebeband markiert werden.

Hygieneempfehlungen

  • Arbeitgeber sollten Einrichtungen zur häufigen Handhygiene schaffen, wenn diese nicht an Ort und Stelle verfügbar sind.
  • Firmenfahrzeuge sollten mit Hygienemitteln ausgestattet sein und regelmäßig gereinigt werden.
  • Soweit möglich, sollten Firmenfahrzeuge nur mit einer Person besetzt werden, und falls dies nicht möglich ist, auf den Mund-Nasen-Schutz zurückgegriffen werden.

Benutzung von Arbeitsmitteln

  • Arbeitsmittel und Werkzeuge sollten Mitarbeiter möglichst nur personenbezogen verwenden.
  • Darüber hinaus können eine regelmäßige Reinigung und das Tragen von Handschuhen notwendig sein.
  • Persönliche Schutzausrüstung und Arbeitskleidung sollen Mitarbeiter nur personenbezogen nutzen.

Dienstreisen

  • Aufgrund der immer noch anhaltenden Reisebeschränkungen und Kontaktverbote erübrigen sich Dienstreisen in vielen Fällen.
  • Video- und Telefonkonferenzen können eine sinnvolle Alternative sein.

Ist die persönliche Anwesenheit unabdingbar, sollen Mitarbeiter jedenfalls die Abstandsregelungen einhalten sowie unter Umständen einen Mund-Nasen-Schutz tragen.

Zutritt betriebsfremder Personen

  • Der Zutritt betriebsfremder Personen sollte sich möglichst auf ein Minimum beschränken.
  • Kontaktdaten betriebsfremder Personen sowie Zeitpunkt des Betretens/Verlassens der Arbeitsstätte/des Betriebsgeländes sollten Arbeitgeber möglichst dokumentieren.
  • Arbeitgeber sollten Personen zusätzlich über die Maßnahmen informieren, die aktuell im Betrieb hinsichtlich des Infektionsschutzes vor SARS-CoV-2 gelten.

Umgang mit Verdachtsfällen

  • Das Maßnahmenpapier verlangt von Arbeitgebern zudem ein Konzept für den Umgang und die Aufklärung von Verdachtsfällen auf eine COVID-19-Erkrankung zu treffen. Vor allem Fieber, Husten und Atemnot sind als mögliche Anzeichen für eine solche Erkrankung aufgelistet.
  • Beschäftigte mit entsprechenden Symptomen sollte der Arbeitgeber unverzüglich auffordern, das Betriebsgelände umgehend zu verlassen bzw. zuhause zu bleiben. Das BMAS schlägt zudem eine möglichst kontaktlose Fiebermessung im Betrieb vor.
  • Arbeitgeber sollten hier beachten, dass Sie ihre Mitarbeiter nicht einseitig zu solchen Gesundheitsuntersuchungen zwingen können.
  • Wenn Mitarbeiter Symptome zeigen oder Zweifelsfälle bestehen, sollten Arbeitgeber ihre Mitarbeiter vorsorglich umgehend nach Hause schicken beziehungsweise bitten, sich ärztlich untersuchen zu lassen. Aufgrund des Umgangs mit sensiblen Gesundheitsdaten sollten sich Arbeitgeber insbesondere vorher anwaltlich beraten lassen, bevor sie Maßnahmen wie Gesundheitsuntersuchungen umsetzen.

Arbeitsmedizinische Vorsorge und Schutz besonders gefährdeter Personen

  • Arbeitgeber sollten den Arbeitnehmern die Beratung bzw. die Vorstellung beim Betriebsarzt anbieten.
  • Arbeitnehmer können sich umfassend beraten lassen. Dies geht auch telefonisch (z.B. Abklärung von Vorerkrankungen, Abstimmung möglicher weiterer Maßnahmen zur Risikominimierung, etc.).
  • Stellt sich heraus, dass ein Arbeitnehmer zu einer Risikogruppe gehört, sollten unter Umständen weitreichendere Schutzmaßnahmen getroffen werden.

Rechtliche Hinweise:

Die in diesem Dokument enthaltenen Informationen wurden mit der gebotenen Sorgfalt zusammengestellt. Gleichwohl kann für deren Richtigkeit, Aktualität und Vollständigkeit keinerlei Haftung, gleich aus welchem Rechtsgrund, übernommen werden. Die Lektüre ersetzt keine individuelle Beratung, sodass für Entscheidungen, die der Leser aufgrund dieser Informationen trifft, keine Verantwortung übernommen werden kann. Der Nachdruck oder die Vervielfältigung ist nur mit schriftlicher Zustimmung der Herausgeber zulässig.

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