Gewerblicher Rechtsschutz / IP

Remanufacturing: Wie behindern gewerbliche Schutzrechte die Wiederaufbereitung von Produkten?

Veröffentlicht am 16th May 2023

Die Wiederaufbereitung von Produkten – das sogenannte Remanufacturing – gewinnt immer weiter an wirtschaftlicher Relevanz. Das wirft eine Reihe von Fragen bezüglich gewerblicher Schutzrechte auf. Betroffen sind sowohl Produzenten, die ihre Produkte schützen möchten, als auch Unternehmen, die Waren wiederaufbereiten (also Remanufacturer) und das rechtlich absichern wollen. 

Remanufacturing: Was ist das und welche rechtlichen Fragen stellen sich dazu? Hier weiterlesen

Was sind gewerbliche Schutzrechte? Gewerbliche Schutzrechte dienen der rechtlichen Absicherung und dem Schutz geistigen Eigentums auf gewerblichem Gebiet und bestehen unter anderem in Form einer Marke, eines Patents oder Designs. Sie dienen dem Schutz vor Nachahmung durch andere. 

Rechteinhaber und Wiederaufbereiter verfolgen unterschiedliche Interessen

Wie sieht also das Zusammenspiel der Akteure im Remanufacturing-Kreislauf aus? Die Rechteinhaber (regelmäßig die Produzenten) sind ursprünglich daran interessiert, ihre eigenen, geschützten Produkte „neu“ zu verkaufen. Zunehmend betätigen sie sich aber auch als Remanufacturer und nutzen ihr Know-how, um ihre eigenen Produkte wiederaufzubereiten und damit diesen Markt selbst zu besetzen. Um diesen Geschäftsbereich abzusichern, kommen gewerbliche Schutzrechte, die mit Unterlassungs- und Schadensersatzklagen durchgesetzt werden können, in Betracht. 

„Reine“ Remanufacturer verfolgen hingegen das Ziel, Produkte fremder Unternehmen wiederaufzubereiten. Sie bringen diese dann „so gut wie neu“ auf den Markt. Dabei müssen sie sich bewusst sein, dass diese Produkte geschützt sein können. Daher ist es für Remanufacturer sehr wichtig, fremde Schutzrechte nicht zu verletzen, um sich rechtlich nicht angreifbar zu machen.

Mehr IP-Rechte sorgen für stärkere Konflikte 

Dieses Konfliktpotenzial wächst seit Jahren. Denn die Zahl an sogenannten IP-Rechten (kurz für Intellectual Property, also geistiges Eigentum), die etwa Patente, Gebrauchsmuster, Marken und Designs betreffen, steigt. Gesetzliche Regelungen oder einheitliche Lösungen für den Bereich des Remanufacturing gibt es bislang nicht. Vielmehr erfolgt eine Beurteilung regelmäßig anhand der Gegebenheiten des Einzelfalls und der Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe. 

1. Erschöpfungsgrundsatz als Grenze des Remanufacturings 

Grundlegend für die Zulässigkeit von Remanufacturing im Hinblick auf gewerbliche Schutzrechte ist der sogenannte Erschöpfungsgrundsatz: Wird ein geschütztes Erzeugnis vom Rechteinhaber oder mit dessen Zustimmung durch einen Dritten im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) in Verkehr gebracht, enden auch die jeweiligen Ausschließlichkeitsrechte an diesem konkreten Gegenstand. 

In der Folge kann die Allgemeinheit frei über diesen Gegenstand verfügen und ihn innerhalb der Grenzen des jeweiligen Schutzrechts benutzen. Auf diesen Erschöpfungsgrundsatz kann sich jedoch nicht berufen, wer durch vorgenommene Veränderungen ein „neues Produkt“ herstellt. 

So kommt es im Patentrecht darauf an, ob das Produkt durch die Handlung nur „bestimmungsgemäß“ genutzt wird. Im Markenrecht darf das mit der Marke gekennzeichnete Produkt nicht in seiner „Eigenart“ verändert werden und nicht den „berechtigten Interessen“ des Markeninhabers entgegenstehen. Beim Designrecht hingegen darf der „Gesamteindruck“ und die „Identität“ des Produkts nicht verändert werden.

2. Patente und Remanufacturing 

Patente sind Schutzrechte für technische Erfindungen. Typische Beispiele im Bereich Remanufacturing, bei denen es häufig Konfliktpotenzial mit in Kraft stehenden Patenten gibt sind z. B. Bremsen oder Kupplungsgetriebe. 

Daneben können selbstverständlich auch bestimmte Wiederaufbereitungsverfahren durch ein Patent geschützt werden. Hierauf gehen wir im Folgenden jedoch nicht näher ein, es genügt die Feststellung, dass solche geschützten Verfahren ausschließlich vom Patentinhaber (oder aufgrund einer Lizenz durch Dritte) angewendet werden dürfen.

Remanufacturing muss sich von (Neu-)Herstellung abgrenzen 

Wenn patentgeschützte Produkte einmal mit Zustimmung des Patentinhabers in Verkehr gebracht wurden, dürfen diese von der Allgemeinheit umfänglich bestimmungsgemäß gebraucht werden. Zum bestimmungsgemäßen Gebrauch im Patentrecht gehört grundsätzlich auch die Reparatur eines Gegenstandes. 

Die Grenze dieses bestimmungsgemäßen Gebrauchs ist jedoch die „Neuherstellung“ des Gegenstandes, weil das (Neu-)Herstellungsrecht immer beim Patentinhaber liegt. Das Geschäftsfeld des Remanufacturings liegt somit auf genau dieser patentrechtlichen Grenze. 

Wiederaufbereiter müssen sich immer die Frage stellen, ob mit dem Wiederaufbereitungsprozess die „Identität“ des bereits in Verkehr gebrachten Gegenstandes noch gewahrt bleibt. Was ist dabei noch „zulässiger bestimmungsgemäßer Gebrauch“, sodass der Erschöpfungsgrundsatz greift? Wann kommt dies einer „unzulässigen Neuherstellung“ gleich?

I. Ist die Identität noch gewahrt? Bestimmungsgemäßer Gebrauch vs. Neuherstellung 

Die jüngste höchstrichterliche Entscheidung in diesem Zusammenhang ist die Entscheidung Scheibenbremse II (BGH, Urt. v. 8. Nov. 2022 - X ZR 10/20). Allerdings sind nach wie vor noch lange nicht alle Fallkonstellationen rechtssicher abgedeckt, was zu erheblichen Unsicherheiten in der Praxis führt. Mit der Entscheidung Scheibenbremse II steht aber zumindest fest, dass der Austausch von bloßen Verschleißteilen – also Teilen, die nach der patentgemäßen Lehre keine andere Wirkung haben als zu verschleißen – regelmäßig dem bestimmungsgemäßen Gebrauch zuzuordnen ist.

Im Detail entscheidet der BGH die Abgrenzungsfrage auf einer ersten Stufe danach, ob die sogenannte Verkehrsauffassung den Wiederaufbereitungsprozess als bestimmungsgemäßen Gebrauch oder als Neuherstellung einordnet. Dies (d. h. die Prüfung auf einer ersten Stufe) gilt zumindest dann, wenn das im Patent geschützte Erzeugnis mit den am Markt erhältlichen Gegenständen deckungsgleich ist.

Gelangt diese Verkehrsauffassung zu dem Ergebnis, dass die jeweils zu bewertende Handlung einer Neuherstellung gleichkommt, weil die Maßnahme die normale Lebensdauer des Produkts verlängert, ist die Prüfung nach derzeitiger Rechtslage bereits an diesem Punkt in den allermeisten Fällen beendet. Das bedeutet, die Wiederaufarbeitung droht als Patentverletzung bewertet zu werden. 

Dabei ist es offensichtlich, dass die Anknüpfung an die „natürliche Lebensdauer“ für den Bereich des Remanufacturing nicht wirklich passt bzw. diesem grundlegend entgegensteht. Wird die Wiederaufbereitung dagegen von der Verkehrsauffassung (wenn es eine solche überhaupt geben kann) als übliche Erhaltungsmaßnahme eingeordnet, weil während der natürlichen Lebensdauer des Produkts mit solchen Maßnahmen üblicherweise gerechnet wird, liegt in der Regel ein bestimmungsgemäßer Gebrauch vor. 

Auf einer zweiten Prüfungsstufe ist aber weiter zu fragen, ob der Verkehr mit seiner Auffassung womöglich „falsch“ liegt, weil die Handlung tatsächlich so weit geht, dass der wesentliche Erfindungsgedanke, der in dem Patent offenbart ist, erneut verwirklicht wird. Der ursprünglich bestimmungsgemäße Gebrauch kann also im Einzelfall doch eine (patentrechtlich unzulässige) Neuherstellung darstellen. Eine Interessenabwägung bestimmt dabei, ob durch den Wiederaufbereitungsprozess die technischen oder wirtschaftlichen Vorteile der Erfindung erneut verwirklicht werden, d. h. ob sich in dem ausgetauschten Teil die technischen Wirkungen der Erfindung widerspiegeln und damit eine Patentverletzung gegeben ist.

Gerade diese Frage stellt die „patentrechtliche Kernprüfung“ dar. Insbesondere hier sind noch viele Detailfragen offen und hängen von Wertungen ab. Was ist der „Clou“ der Erfindung? Und spielt das auszutauschende Teil bei diesem „Clou“ eine entscheidende (neue) Rolle oder ist das Teil ein bloßes passives Objekt?

II. Besondere Fallgruppe: der Zusammenbau aus unterschiedlichen Gegenständen 

Ein besonderes Problem stellen Fälle dar, bei denen Teile aus unterschiedlichen funktionslos gewordenen Produkten derart miteinander kombiniert werden, dass am Ende des Wiederaufbereitungsprozesses erneut ein funktionsfähiges Produkt vorliegt, welches als qualitativ gleichwertig angeboten wird und damit in direkte Konkurrenz zu Produkten des Originalherstellers tritt.

Diese Fallgruppe ist für das Remanufacturing besonders relevant, da die verwendeten Altteile, die sogenannten „Cores“, häufig aus unterschiedlichen Originalprodukten stammen. Der BGH hat diese Fallgruppe zuletzt in den 50er Jahren detaillierter thematisiert, weshalb es dringend einer neuen Grundsatzentscheidung bedürfte. 

Bis dahin steht die Remanufacturing-Industrie vor der rechtlichen Herausforderung, dass bei diesen zusammengesetzten Erzeugnissen streng genommen keine „Identität“ mehr zu den zuvor rechtmäßig in Verkehr gebrachten Produkten besteht. Weil diese Identität jedoch wesentlich für die Anwendung des Erschöpfungsgrundsatz ist (s. o.), muss überzeugend begründet werden, warum dieser dennoch anwendbar ist. Andernfalls müsste fast immer eine Patentverletzung bejaht werden. Unseres Erachtens können solche Argumente vorrangig in der offenbarten technischen Lehre der jeweiligen Patentschrift gefunden werden.

3. Marken und Remanufacturing 

Neben dem Schutz der Erfindungen selbst wollen Produzenten die Zuordnung der Produkte zu ihrem Unternehmen schützen. Dies erreichen sie durch die Kennzeichnung mit ihren Marken. Eine Marke ordnet zum einen das Produkt oder die Dienstleistung einem bestimmten Unternehmen zu („Herkunftsfunktion“), steht gleichzeitig aber auch für eine bestimmte Qualität eben dieses Produktes („Qualitätsfunktion“). Daher haben die Rechteinhaber ein Interesse daran, dass ihre Marke auch nur auf ihren eigenen (Ursprungs-)Produkten steht.

Als Rechteinhaber einer Marke hat dieser das alleinige Recht, die im Register für die Marke eingetragenen Waren und Dienstleistungen unter seinem Zeichen anzubieten. Dieses Recht kann er erst dann nicht mehr durchsetzen, wenn er ein mit seiner Marke gekennzeichnetes Produkt selbst im EWR in den Verkehr gebracht hat. 

Diese Erschöpfung endet jedoch dort, wo der Nutzung der Marke durch einen Dritten „berechtigte Interessen“ des Markeninhabers entgegenstehen. Solche entgegenstehenden berechtigten Interessen liegen insbesondere dann vor, wenn der Zustand der Waren nach ihrem Inverkehrbringen verändert oder verschlechtert wird. Die Kernfrage ist also, ob eine Wiederaufbereitung als eine solche Veränderung oder Verschlechterung zu qualifizieren ist.

III. Wiederaufbereitung = Veränderung oder Verschlechterung im Sinne des Markenrechts? 

Eine Veränderung im Sinne des Markenrechts wird angenommen, wenn die Ware in ihren charakteristischen Sacheigenschaften, d. h. in ihrer Eigenart, verändert wird. Der Begriff der Eigenart umfasst solche Eigenschaften der Ware, deren Veränderung der Herkunfts- und der daraus abgeleiteten Qualitätsfunktion der Marke zuwiderläuft. Maßstab ist nicht, ob diese Änderung sichtbar erfolgt, sondern die Erwartung des Verkehrs, die Gepflogenheiten des betroffenen Wirtschaftssektors und die Eigenart der jeweiligen Ware.

Bei einer Reparatur ist entscheidend, ob derart stark in die Ware eingegriffen worden ist, dass eine neue Identität und damit eine neue Ware hergestellt worden ist. Darunter fallen etwa Änderungen des Verwendungszwecks, des Konstruktionsprinzips, der Funktionsweise oder des Erscheinungsbildes. Beispielsweise wurde eine Markenverletzung für den Fall bejaht, dass das Produkt nach der Reparatur mehr Funktionen als das – absichtlich gedrosselte – Originalprodukt hatte und somit aus Verbrauchersicht sogar eine Verbesserung vorlag.

Neben den Reparaturen ist im Rahmen der Wiederaufbereitung der Refill-Bereich unter markenrechtlichen Gesichtspunkten interessant. Hierbei füllen Dritte ursprünglich vom Hersteller befüllte und in den Verkehr gebrachte Produkte nach dem Aufbrauchen mit eigenen Produkten wieder auf. Dadurch liegt ebenfalls eine Veränderung der Ursprungsware vor, die jedenfalls die Gefahr einer Beeinträchtigung der Herkunfts- und/oder Qualitätsfunktion innehat sowie die Gefahr, dass die Unterscheidungskraft oder Wertschätzung der Marke ausgenutzt oder beeinträchtigt wird.

Die Relevanz des Remanufacturing zeigt eine aktuelle Vorlagefrage beim EuGH. Dieser hat darüber zu entscheiden, ob der Markeninhaber den Vertrieb von Waren unter seiner Marke untersagen kann, wenn diese Waren von anderen, nicht durch den Markeninhaber autorisierten, Personen repariert wurden. 

Außerdem wurde der EuGH aufgefordert, zur Frage Stellung zu beziehen, ob der Erschöpfungsgrundsatz dann keine Anwendung findet, wenn die Marke in einer Weise benutzt wird, durch die der Eindruck einer Verbindung zwischen dem Markeninhaber und der dritten Partei nicht entsteht. Die Entscheidung des EuGH wird für Kernfragen des markenrechtlichen Erschöpfungsgrundsatzes im Zusammenhang mit der Reparatur von Waren wegweisend sein.

Bis zu einer entgegenstehenden Entscheidung des EuGH sollten Remanufacturer beachten, dass für den Verbraucher deutlich erkennbar sein muss, dass der Gegenstand zwar von einem (Original-)Unternehmen stammt, jedoch extern wiederaufbereitet wurde. Durch die Benutzung eines identischen oder ähnlichen Zeichens darf nicht der Eindruck erweckt werden, es bestehe eine wirtschaftliche Verbindung zwischen ihm und dem Markeninhaber, das Unternehmen gehöre dem Vertriebsnetz des Markeninhabers an oder es bestehe eine sonstige besondere Beziehung zwischen den beiden Unternehmen.

IV.    Remanufacturing aus Sicht von Markeninhabern 

Auch Inhaber bereits bestehender Marken sollten dem Thema Remanufacturing Beachtung schenken, da ihnen die exklusiven Rechte allein für die eingetragenen Waren und Dienstleistungen zustehen. Meist sind bestehende Marken nur für die „Originalprodukte“ angemeldet und beispielsweise nicht für die Dienstleistung zur Wiederaufbereitung oder die wiederaufbereiteten Produkte selbst. Daher ist es Markeninhabern anzuraten, ihr Markenportfolio dahingehend zu überprüfen, ob es noch strategisch günstig ausgerichtet ist oder gegebenenfalls einiger Ergänzungen oder Anpassungen bedarf. 

4. Designrechte und Remanufacturing 

Das Designrecht sichert das optische Erscheinungsbild eines Erzeugnisses ab. Dementsprechend ist für die Beurteilung einer Designverletzung entscheidend, ob durch das fragliche Erzeugnis der gleiche Gesamteindruck hervorgerufen wird, wie durch das geschützte Design (welches im Designregister hinterlegt wurde). 

Anders als im Patentrecht wirft daher der Austausch oder die Reparatur von Teilen eines durch ein Designrecht geschützten Erzeugnisses regelmäßig keine oder geringere Probleme auf, wenn diese Teile gar nicht aus dem geschützten Design ersichtlich sind bzw. bei bestimmungsgemäßer Verwendung oder grundsätzlich konstruktionsbedingt nicht sichtbar sind. 

Geht es jedoch um sichtbare Teile eines Produkts, können sich beim Remanufacturing designrechtliche Probleme ergeben, wenn die Grenze zur Neuherstellung überschritten wird und daher der Erschöpfungsgrundsatz nicht mehr greift. 

Dies wäre dann der Fall, wenn beispielsweise im Rahmen einer Reparatur wesentliche Teile des Erzeugnisses ganz ausgetauscht oder in einem derart großen Maße verändert werden, sodass das designgeschützte Erzeugnis seine ursprüngliche Identität verliert. Der Austausch einzelner Teile ist innerhalb dieser Grenzen grundsätzlich möglich. Problematisch wäre jedoch, ähnlich wie im Patentrecht, eine Demontage in kleinste Einzelteile mit daran anschließender Neuzusammensetzung zum designrechtlich geschützten Erzeugnis. 

Wenn das zur Reparatur eines Produkts benötigte Ersatz- bzw. Reparaturteil selbst durch ein Designrecht geschützt wurde, kann der Nachbau dieses Ersatzteils wiederum eine Designverletzung sein. Diese Konstellation wird, durch die durchaus umstrittenen „Reparaturklauseln“, in den für den Designschutz maßgeblichen Gesetzen adressiert. 

Im deutschen Recht findet sich die Reparaturklausel in § 40a DesignG. Demnach besteht, vereinfacht gesagt, kein Designschutz für einzelne Bauteile, die zu Reparaturzwecken (d. h. der Wiederherstellung des ursprünglichen Erscheinungsbildes) verwendet werden. Der Designinhaber kann also den Markt für solche Ersatz- und Reparaturteile durch seine Designrechte nicht abschotten. Die Reparaturklausel schützt jedoch beispielsweise nicht abändernde Gestaltungen oder „Verschönerungen“ der betroffenen Teile.

An dieser Stelle ist jedoch Vorsicht geboten: Die Rechtslage kann in den jeweiligen Ländern, auch global betrachtet, unterschiedlich sein. Ob „Reparaturklauseln“ im jeweiligen Land existieren, wie diese angewendet werden und welche Einschränkungen gegebenenfalls zu beachten sind, sind vom Einzelfall abhängig. 

Für Deutschland gilt die „Reparaturklausel“ beispielsweise nur für Designs, die ab dem 2. Dezember 2020 angemeldet wurden. Das bedeutet, dass viele bereits zuvor angemeldete deutsche Designrechte der Reparaturklausel nicht unterfallen und weiterhin die Herstellung und das Anbieten von Ersatz- und Reparaturteilen verhindern können. Außerdem sind die weiteren Anforderungen des § 40a Abs. 2 DesignG zu beachten (Information der Verbraucher).

Fazit: Remanufacturer müssen die Schutzrechtslage im Vorfeld analysieren 

Gewerbliche Schutzrechte stehen Remanufacturing also nicht per se im Weg. Im Einzelfall können sie dennoch durchaus relevante Hindernisse sein. Umso wichtiger ist es, dass Unternehmen, die Remanufacturing betreiben (wollen), die Schutzrechtslage im Vorfeld gründlich analysieren. Sobald sie die einschlägigen Schutzrechte identifiziert haben, müssen sie diese dann anhand der konkreten Gegebenheiten des Einzelfalls sowie der Auslegung einer Vielzahl unbestimmter Rechtsbegriffe beurteilen.

Zentrale Fragen sind: 

  • Entspricht die Wiederaufbereitung eines Produktes noch dem bestimmungsgemäßen Gebrauch des zuvor in den Verkehr gebrachten Produkts?
  • Wurde die Eigenart des Produkts, welches unter einer Marke in den Verkehr gebracht worden ist, verändert?
  • Wurde das Gesamtbild eines Designs und dessen Identität gewahrt?

Bislang ist ebenfalls noch nicht abschließend geklärt, inwieweit der Schutzrechtsinhaber, bspw. der Patentinhaber, bei der ersten Veräußerung einen vertraglichen Gestaltungsspielraum besitzt, um ein späteres Remanufacturing seiner Produkte einzuschränken. Hier stoßen die vertragliche Privatautonomie und der Erschöpfungsgrundsatz aufeinander.

Unsere Experten unterstützen Sie gerne bei der IP-rechtlichen Bewertung Ihres Remanufacturing-Vorhabens oder bei der Prüfung, ob Handlungen Ihrer Wettbewerber Ihre gewerblichen Schutzrechte verletzen.

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* This article is current as of the date of its publication and does not necessarily reflect the present state of the law or relevant regulation.

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