Digitale Regulierung

Digital Fairness Act Unpacked: Unfaire Preisgestaltung

Veröffentlicht am 15th September 2025

Die öffentliche Konsultation zum Digital Fairness Act (DFA), die es Unternehmen, Verbänden und anderen Interessengruppen ermöglicht, ihre Sichtweise in das Gesetzgebungsverfahren einzubringen, wurde im Juli 2025 eingeleitet. In unserer Miniserie zu den Themen der Konsultation haben wir Dark Patterns, Addictive Designs, spezifische Funktionen in digitalen Produkten, Unfaire Personalisierungspraktiken und unfaire Praktiken von Social Media Influencern untersucht. Dieser Artikel wirft einen weiteren Blick auf die Bedenken der Europäischen Kommission in Bezug auf unfaire Preisgestaltung und deren aktuelle Regulierung.

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Welche Praktiken der Preisgestaltung werden in der Konsultation angesprochen?

Die Konsultation konzentriert sich auf drei Praktiken der Preisgestaltung, die in der digitalen Welt üblich sind:

  • Drip Pricing – Die Nichtangabe von obligatorischen Kosten und Gebühren für ein Produkt oder eine Dienstleistung im Voraus und deren späteres Hinzufügen während des Buchungsprozesses;
  • Dynamische Preisgestaltung – Werbung mit attraktiven "Startpreisen" bei gleichzeitiger automatischer Anwendung dynamischer Preiserhöhungen durch Software, die die Preise in "Echtzeit" anpasst; und
  • Irreführende Preissenkungen – Preisvergleiche auf der Grundlage vager Referenzpreise, die den falschen Eindruck erwecken, dass es eine Preissenkung gegeben hat.

Wie sind diese Preisgestaltungspraktiken derzeit geregelt und was erörtert die Kommission?

Die EU-Verbraucherschutzvorschriften und -Leitlinien regeln bereits jede dieser Praktiken der Preisgestaltung zumindest bis zu einem gewissen Grad. Die Konsultation zielt darauf ab, Einschätzungen dazu einzuholen, ob die aktuelle Regulierung ausreicht und ob eine effektivere Durchsetzung genügen würde, um die Probleme zu adressieren. Darüber hinaus wird um Stellungnahmen zu spezifischen vorgeschlagenen regulatorischen oder nicht-regulatorischen Maßnahmen in Bezug auf die einzelnen Praktiken der Preisgestaltung gebeten. In diesem Abschnitt skizzieren wir die aktuelle Rechts- und Durchsetzungslage zu den drei erfassten Praktiken der Preisgestaltung sowie die Vorschläge der EU, die die damit verbundenen Bedenken adressieren.

A. Drip Pricing

Derzeitige Regulierung
  • Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (Unfair Commercial Practices Directive „UCPD“). Die UCPD verbietet unlautere Geschäftspraktiken, darunter irreführende Handlungen oder Unterlassungen sowie aggressive Praktiken, die dazu führen (oder voraussichtlich dazu führen), dass Verbraucher:innen eine geschäftliche Entscheidung treffen, die sie andernfalls nicht getroffen hätten. Liegt eine Aufforderung zum Kauf vor, müssen Händler:innen wesentliche Informationen zum Produkt bereitstellen, einschließlich des Gesamtpreises oder – wenn der Preis nicht vernünftigerweise im Voraus berechnet werden kann – der Art und Weise, wie er berechnet wird (Art. 7 Abs. 4 lit. c UCPD).
  • Leitlinien zur UCPD. Die Leitlinien der Kommission erläutern, dass die Pflicht zur Angabe eines Gesamtpreises verletzt ist, wenn zwingende Steuern, Gebühren oder Entgelte anfangs fehlen und erst später hinzugefügt werden. Unvermeidbare Entgelte als „optional“ darzustellen und sie dann im Checkout doch unumgänglich zu machen, ist ebenfalls regelmäßig irreführend.
  • Verbraucherrechte-Richtlinie (Consumer Rights Directive, „CRD“). Die Verpflichtung zur Angabe des Gesamtpreises eines Produkts (d. h. des Preises einschließlich Steuern und ggf. aller zusätzlichen Fracht-, Liefer- oder Postgebühren) fällt ebenfalls unter die vorvertraglichen Informationspflichten gemäß der CRD.
  • Sektorspezifische Vorschriften. Für bestimmte Sektoren, wie z. B. die Luftfahrtindustrie, gelten ebenfalls besondere Vorschriften.
Werden diese Vorschriften bereits durchgesetzt?

Drip Pricing steht seit langem im Fokus der Durchsetzung in der EU. Koordinierte Sweeps – u. a. in den Branchen Reisebuchung und Autovermietung – durch das Netzwerk für die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz (Consumer Protection Cooperation, CPC) haben wiederholt Defizite bei der rechtzeitigen Anzeige des Gesamtpreises und der klaren, vorgelagerten Offenlegung unvermeidbarer Extras (z. B. Buchungs- oder Liefergebühren) festgestellt. Auf nationaler Ebene gab und gibt es Durchsetzungsmaßnahmen u. a. in den Bereichen Reisen, Ticketing, Autovermietung und Essenslieferungen – sowie teilweise bezogen auf einzelne Händler.

Welche konkrete Maßnahme wird in Betracht gezogen?

Im Rahmen der Konsultation werden Meinungen zu einem völligen Verbot von Drip Pricing eingeholt. Das Vereinigte Königreich hat kürzlich im Rahmen seines Digital Markets Competition and Consumers Act ein Verbot von Drip Pricing erlassen, in dem es vorschreibt, dass alle wesentlichen Informationen, einschließlich des Gesamtpreises, bei einer Aufforderung zum Kauf angezeigt werden müssen, unabhängig von ihren Auswirkungen auf die Verbraucher:innen. Die EU könnte einen ähnlichen Ansatz verfolgen.

B. Dynamische Preisgestaltung

Derzeitige Regulierung
  • Kein ausdrückliches Verbot: Das EU-Verbraucherrecht verbietet die dynamische Preisgestaltung nicht. Es steht den Händler:innen frei, die von ihnen verlangten Preise festzulegen, vorausgesetzt, die Verbraucher:innen werden angemessen über den Gesamtpreis (oder, wenn dieser nicht vernünftig im Voraus berechnet werden kann, darüber, wie der Preis berechnet wird) und gegebenenfalls über die Tatsache, dass ein Preis personalisiert wurde, informiert.
  • UCPD: In bestimmten Konstellationen kann der Einsatz von dynamischer Preisgestaltung als unlautere Geschäftspraxis eingestuft werden. Beispielsweise können Preiserhöhungen spät im Buchungsprozess, die Werbung mit niedrigeren Preisen, als sie tatsächlich angeboten werden, oder rasche Preisänderungen, die psychologischen Druck erzeugen und Verbraucher:innen zu schnellen Entscheidungen drängen, als irreführend oder aggressiv gelten.
  • Wettbewerbsrecht: Dynamische Preisgestaltung kann zudem von Art. 102 AEUV erfasst sein, wenn sie auf die Auferlegung missbräuchlich überhöhter Preise hinausläuft. Dessen Anwendbarkeit ist jedoch auf marktbeherrschende Unternehmen beschränkt; ob ein Preis überhöht ist, bemisst sich an der Relation zwischen Kosten und Gewinn des marktbeherrschenden Unternehmens, nicht an den eingesetzten Preisgestaltungsmechanismen.
Werden diese Regeln bereits durchgesetzt?

Im Digitalen Fairness-Fitness-Check der EU, der den ersten Schritt zur DFA-Konsultation darstellte, hat die Kommission besondere Bedenken in Bezug auf dynamische Preisgestaltung im Bereich Veranstaltungstickets skizziert. Auf EU-Ebene gab es in dieser Branche bislang keine Durchsetzungsfälle zu dynamischer Preisgestaltung.

Welche konkrete Maßnahme wird in Betracht gezogen?

Im Rahmen der Konsultation werden Meinungen zu einer Beschränkung der Werbung für Startpreise eingeholt, wenn ein Händler eine dynamische Preisgestaltung anwendet, die solche Startpreise für eine Mehrheit der Käufer unrealistisch macht. Ziel ist es, „Blickfang-Preise“ zu verhindern, die in der Praxis nur selten erhältlich sind.

C. Irreführende Preisnachlässe

Derzeitige Regulierung
  • Preisangabenrichtlinie (PID), geändert durch die Omnibus-Richtlinie: Preisnachlässe auf Waren werden insbesondere durch die PID geregelt. Eine der umstrittensten Vorschriften zu Preisnachlässen ist Art. 6a PID, der mit der Omnibus-Richtlinie 2022 eingeführt wurde. Nach Art. 6a PID müssen Händler:innen den vorherigen Preis angeben, d. h. den niedrigsten Preis, der in den 30 Tagen vor dem Preisnachlass angeboten wurde ("30-Tage-Regel"). Neben spezifischen Preisnachlässen wie "Durchstreichpreise" oder "Vorher/Nachher-Preise" erfasst die Regel auch allgemeine Rabattangaben wie „Deal", „Sale" oder „Black Friday Angebote". Die Ausnahmen von dieser Regel sind von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedlich, gelten aber häufig für verderbliche Waren, Neueinführungen und schrittweise Preisnachlässe. Einige Mitgliedstaaten haben den Anwendungsbereich von physischen Waren auch auf Dienstleistungen und/oder digitale Inhalte oder digitale Dienstleistungen ausgeweitet.
  • UCPD: Andere Elemente eines Preisvergleichs (z. B. sehr lange oder wiederkehrende Rabattperioden) und Preisvergleiche mit anderen Referenzpreisen (z. B. unverbindliche Preisempfehlungen (UVP) oder dem Preis eines Wettbewerbers) werden durch die UCPD reguliert, wenn sie die Verbraucher:innen irreführen und ihre Transaktionsentscheidung beeinflussen. Die UCPD regelt auch Dienstleistungen, einschließlich digitaler Dienstleistungen und digitaler Inhalte, die nicht in den Anwendungsbereich der PID fallen.
Werden diese Vorschriften bereits durchgesetzt?

Seit der Einführung der "30-Tage-Regel" gibt es in der EU eine erhebliche Durchsetzungspraxis. Im Oktober 2024 bekräftigte der EuGH in einem Fall, der die Preisgestaltungspraktiken von Aldi Süd betraf, dass Ankündigungen von Preissenkungen auf dem "vorherigen" Preis im Sinne der PID basieren müssen (d. h. dem niedrigsten Preis in den letzten dreißig Tagen, sofern keine Ausnahme gilt). Zudem häuft sich die nationale Rechtsprechung, die die Nutzung alternativer Referenzpreise – insbesondere Vergleiche mit der UVP – einschränkt.

Welche konkrete Maßnahme wird in Betracht gezogen?

In der Konsultation wird die Frage aufgeworfen, ob die Werbung für Preisvergleiche nur dann zulässig sein sollte, wenn das Produkt den Verbraucher:innen von anderen Händler:innen tatsächlich zu dem verwendeten Referenzpreis angeboten wird. Die Ergebnisse des Digitalen Fairness-Fitness-Checks haben keine irreführenden Preisnachlässe untersucht, sodass nicht vollständig klar ist, wie eine solche Maßnahme aussehen könnte. Ein mögliches Ergebnis wäre ein ausdrückliches Verbot von Verweisen auf UVPs, wenn das Produkt zu diesem Preis praktisch von keinem Händler verkauft wird.

* Dieser Artikel entspricht dem aktuellen Stand zum Zeitpunkt seiner Veröffentlichung und spiegelt nicht notwendigerweise den aktuellen Stand des Gesetzes / der Regulatorik wider.

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