Ohne Notarsiegel wertlos: Wann Mietverträge beurkundet werden müssen*

Veröffentlicht am 12th Aug 2015

Bei bestimmten Mietvertragsvereinbarungen muss ein Notar hinzugezogen werden. Dies gilt vor allem bei Mietverträgen, die die Übertragung des Eigentums an einem Grundstück zum Gegenstand haben. Wird dies unterlassen, ist der Mietvertrag in der Regel ungültig. Was Immobiliendienstleister wissen und beachten sollten.

Nicht nur ein Rechtsgeschäft über eine Grundstücksveräußerung bedarf gemäß § 311 b Abs. 1 BGB der notariellen Beurkundung, sondern auch ein Vertrag, der als solcher diesem Formgebot nicht unterliegt, wenn dieser mit dem Grundstücksgeschäft eine rechtliche Einheit bildet. Egal ob bei Mietverträgen über Wohnungen oder Gewerbeflächen, in bestimmten Fällen reicht es daher nicht aus, wenn beide Vertragspartner den Mietvertrag unterzeichnen. Der Vertrag bedarf vielmehr der Beurkundung durch einen Notar. Dies gilt vor allem für Mietverträge, in denen zusätzliche Vorkaufsrechte vereinbart sind und mit den Mietvereinbarungen eine Vertragseinheit bilden. Kurz: Es müssen neben Mietvertragsklauseln zusätzlich Vereinbarungen zu Veräußerungs- oder Erwerbsverpflichtungen des Grundstücks existieren. Dies gilt sowohl für den Fall, dass der Mietvertrag selber solche Regelungen enthält, als auch für den Fall, dass es sich bei dem Mietvertrag um eine Nebenabrede oder Zusatzvereinbarung zu einem Grundstückskaufvertrag handelt. Makler, Verwalter und Mieter müssen dabei auf bestimmte Indizien achten, die einen Gang zum Notar erforderlich machen. Wird auf eine Beurkundung verzichtet, aus Unwissenheit oder weil die Vertragspartner Notarkosten sparen wollen, ist im Zweifel das gesamte Rechtsgeschäft nichtig. Enthält der Mietvertrag beispielsweise ein Vorkaufsrecht, ist nicht nur dieses formunwirksam, sondern der gesamte Mietvertrag.

Ob ein Mietvertrag beurkundet werden muss hängt immer vom konkreten Einzelfall ab:

Es kommt darauf an, ob der – nicht beurkundungspflichtige– Mietvertrag und eine beurkundungsnotwendige Kaufklausel eine rechtliche Einheit bilden. Gemäß Rechtsprechung trifft dies zu, wenn die beiden Rechtsgeschäfte gemäß dem Willen auch nur eines Vertragspartners derart voneinander abhängen, dass sie zusammen stehen und fallen (BGH, Az: V ZR 247/85). Die obersten Richter gehen dabei recht weit. Demnach liegt bereits eine Vertragseinheit vor, wenn nur eine der Vertragsparteien den Einheitlichkeitswillen beider Kontrakte erkennen lässt und die andere diesen anerkennt beziehungsweise hinnimmt. Dabei ist nicht erforderlich, dass beide in einem Dokument vereinbart werden, noch dass an jedem der Rechtsgeschäfte dieselben Personen beteiligt sind (BGH, Az: VII ZR 321/00). Entscheidendes Indiz für die rechtliche Einheit und den Verbindungswillen der Beteiligten ist der wirtschaftliche Zusammenhang beider Regelungen.

An der rechtlichen Einheit fehlt es, wenn eine objektive Bewertung ergibt, dass die Parteien in Kenntnis der Sachlage nach Treu und Glauben und bei vernünftiger Abwägung das Geschäft auch ohne den nichtigen Teil abgeschlossen hätten. In der Praxis finden sich daher häufig in den Verträgen sog. salvatorische Erhaltungsklauseln, um eine Gesamtnichtigkeit des Vertrages zu verhindern. Die Klausel bewirkt eine Darlegungs- und Beweislastumkehr zu Lasten der Vertragspartei, die behauptet, der Vertrag wäre ohne den nichtigen Teil nicht abgeschlossen worden.

In der Praxis sind folgende vertragliche Regelungen im Zusammenhang der Beurkundungspflicht relevant:

Wird eine Immobilie verkauft und vom Käufer wiederum an den Verkäufer vermietet (Sale-and-lease-back-Vertrag) ist die rechtliche Einheitlichkeit besonders augenfällig. Beide Parteien hätten keinen Mietvertrag unterschrieben, wenn sie parallel keinen Kaufvertrag abgeschlossen hätten. Daher ist neben diesem Erwerbsvertrag auch der dazu gehörige Mietvertrag an eine Beurkundungspflicht geknüpft. Ergeben sich offensichtliche wirtschaftliche oder steuerliche Zusammenhänge zwischen beiden Verträgen, gilt das gleiche.

Unter das Beurkundungsgebot fallen nicht nur verbundene Miet- und Kaufverträge, sondern unter Umständen auch Absprachen mit Auswirkungen auf Erwerbs- oder Veräußerungspflichten einer gemieteten Fläche. In Zweifelsfällen sollte vor Vertragsunterzeichnung ein Fachanwalt oder Notar konsultiert werden.

Mietern wird manchmal angeboten, ihr Objekt bis zu einem bestimmten Zeitpunkt zu kaufen. Bei diesem Ankaufsrecht ist ebenfalls die notarielle Beurkundung nötig, weil der Mietvertrag in engem Kontext mit dem Kaufangebot steht. Untermauert wird die Beurkundungspflicht zumeist durch zusätzliche Belange, so etwa dass der Mietvertrag bis zur Kaufangebotsannahme befristet ist. Oder Mietende und Besitzeinräumung zeitlich zusammenfallen. Ein weiterer Hinweis pro notarieller Beurkundung kann eine Mietzins oberhalb der Marktmiete sein, um bereits während der Mietphase einen Teil des späteren Kaufpreises mitzutragen.

Wird dem Mieter vertraglich ein Vorkaufsrecht eingeräumt oder verpflichten sich die Vertragsparteien, ein solches zu Gunsten des Mieters zu begründen, muss der Vertrag ebenfalls beurkundet werden. Geschieht dies nicht, ist das Vorkaufsrecht nichtig. Der Mietvertrag wird insgesamt nichtig, falls das Vorkaufsrecht vom Gewerbemieter gewünscht wurde, um Investitionen zu tätigen und so seinen Standort zu sichern.

Last but not least fällt ein Mietkauf unter diese Kategorie. Bei dieser Vertragsart wird dem Mieter das Recht eingeräumt, seine Mietfläche zu einem vorher bestimmten Preis nach einer gewissen Mietlaufzeit zu erwerben. Dabei wird zumeist die bis dahin gezahlte Miete auf den Kaufpreis angerechnet und minimiert entsprechend den anschließend fälligen Betrag.

Das OLG Stuttgart hat in einer aktuelleren Entscheidung einen Mietvertrag für nichtig befunden, der dergestalt mit einem beabsichtigten Kaufvertrag über das Mietobjekt verbunden war, dass die vereinbarte Miete auf den Kaufpreis angerechnet werden sollte und deshalb die Miete nicht an einem realen Mietwert orientiert wird (OLG Stuttgart, Urteil vom 28. Juli 2014 –Az. 5 U 40/14). Dementsprechend schuldete der Mieter keine Miete, sondern nur Wertersatz für die Nutzung der Räume.

Auf alle Fälle fährt der Vermittler gut, sich über solche Mietvertragsbesonderheiten zu informieren und seinen Kunden gegebenenfalls zu empfehlen, die Beurkundungspflicht rechtlich prüfen zu lassen. Eine entsprechende Unterrichtungspflicht dürfte den Makler als vertragliche Nebenpflicht allerdings nur in Ausnahmefällen treffen, so wenn er in die Verhandlungen eng involviert ist und die Beurkundungspflicht offensichtlich ist. Im Übrigen ist zu beachten, dass kein Maklerlohnanspruch besteht wenn der Hauptvertrag formnichtig ist. Ist nicht auszuschließen, dass nach dem Willen der Parteien verschiedene Verträge derart voneinander abhängen, dass sie miteinander stehen und fallen sollen bzw. sollte der Grundstückskaufvertrag von einer weiteren an sich nicht formbedürftigen Vereinbarung abhängen, sollte eine notarielle Beurkundung auch dieser Vereinbarung vorgenommen werden.

*Dieser Artikel erschien ursprünglich in AIZ | Das Immobilienmagazin 7-8/2015.

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