Unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers aufgrund einer Verlängerung seiner Kündigungsfrist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen

Veröffentlicht am 13th Dez 2017

Wird die gesetzliche Kündigungsfrist für den Arbeitnehmer in Allgemeinen Geschäftsbedingungen erheblich verlängert, kann darin auch dann eine unangemessene Benachteiligung entgegen den Geboten von Treu und Glauben im Sinne von § 307 Abs. 1 S. 1 BGB liegen, wenn die Kündigungsfrist für den Arbeitgeber in gleicher Weise verlängert wird (Bundesarbeitsgericht (BAG) vom 26.10.2017 – 6 AZR 158/16).

Der Sachverhalt

Im Vorliegenden klagte eine Arbeitgeberin, die eine Kündigung eines Arbeitnehmers nicht gegen sich gelten lassen wollte auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis weiter fortbestehe.

Der Arbeitnehmer war seit einiger Zeit als Speditionskaufmann bei der Arbeitgeberin tätig. Im Sommer 2012 unter zeichneten die Parteien eine Zusatzvereinbarung, nach der die Kündigungsfrist für beide Seiten auf drei Jahre zum Monatsende verlängert werden sollte. Hierfür wurde das monatliche Bruttogehalt von EUR 1.400 auf EUR 2.400 angehoben und sollte langfristig auf diesem Niveau bleiben, aber nicht erhöht werden können. Außerdem hieß es in der Vereinbarung, der Zusatz sei eine individuell ausgehandelte Absprache.

Im Dezember 2014 kündigte der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis zum 31. Januar 2016, nachdem er festgestellt hatte, dass auf seinem Computer ein sein Arbeitsverhalten überwachendes Programm installiert war. Dieses griff nach seiner Ansicht unzulässig in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht ein.

Die Klage der Arbeitgeberin hatte vor dem Arbeitsgericht Erfolg, wurde jedoch vom Landesarbeitsgericht (LAG) und mit Urteil vom 26. Oktober 2017 vom BAG abgewiesen.

Die Entscheidung

Bislang liegt nur eine Pressemitteilung zu diesem Urteil vor. Demnach schließt sich das BAG im Ergebnis der Vorinstanz an. Die Zusatzvereinbarung sei sehr wohl einer AGB-Kontrolle zu unterziehen. Schließlich handele es sich um einen vorformulierten Text und der Mitarbeiter habe außerdem keinen Verhandlungsspielraum gehabt. Die AGB-Kontrolle sei eröffnet.

Weiter sah das Gericht in der Vereinbarung nach Abwägung der Vor- und Nachteile für beide Seiten eine Benachteiligung des Arbeitnehmers entgegen der Gebote von Treu und Glauben. Daher sei sie nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.

Bei einer vom Arbeitgeber vorformulierten Kündigungsfrist, die die Grenzen des § 622 Abs. 6 BGB und des § 14 Abs. 4 TzBfG einhält, die aber wesentlich länger ist, als die gesetzliche Regelfrist des § 622 Abs. 1 BGB, sei nach Abwägung aller Umstände des Einzelfalls zu prüfen, ob eine unangemessene Beschränkung der beruflichen Bewegungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) vorliege.

Das BAG sah einen solchen Fall als gegeben an. Es läge eine unausgewogene Gestaltung vor, trotz einer beiderseitigen Verlängerung der Kündigungsfrist. Der Arbeitnehmer werde bei der Arbeitsplatzsuche erheblich eingeschränkt. Der Nachteil für den Beklagten wurde nicht durch die vorgesehene Gehaltserhöhung aufgewogen, zumal die Zusatzvereinbarung das Vergütungsniveau langfristig einfror.

Das LAG, dem sich das BAG im Ergebnis anschließt sah folgende Benachteiligungen als gegeben an:

  • Erhebliche Einschränkung bei der Arbeitsplatzsuche, da Einstellungstermine regelmäßig in naher Zukunft
  • Nahtloser Übergang in ein neues Arbeitsverhältnis nicht planbar
  • uU dreijährige Freistellung durch den Arbeitgeber; Verschlechterung der Vermittlungschancen durch eine so lange Untätigkeit

Rechtliche Würdigung und Hinweise für die Praxis

Es gilt in der Praxis stets abzuwägen, ob die Vor- und Nachteile einer langen Kündigungsfrist sich für beide Seiten die Waage halten oder eine Partei, wie hier, einseitig bevorzugt bzw. benachteiligt wird. Interessant wird sein, ob den Urteilsgründen ein Richtwert zu entnehmen ist, bei deren Überschreiten eine Kündigungsfrist in jedem Fall unwirksam ist.

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