Bank- und Finanzrecht

Managerhaftung: D&O-Versicherung deckt nicht Geschäftsführerhaftung bei Zahlungen nach Insolvenzreife

Veröffentlicht am 22nd Nov 2018

Es besteht kein Versicherungsschutz aufgrund der D&O-Versicherung, wenn der Geschäftsführer wegen Zahlungen nach Insolvenzreife gemäß § 64 GmbHG in Anspruch genommen wird. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf am 20. Juli 2018 entschieden (Az. I-4 U 93/16).

Das Verfahren ist derzeit beim Bundesgerichtshof (BGH) anhängig. Wenn der BGH die Entscheidung des OLG Düsseldorf bestätigt, wird das in der Praxis zu erheblichen Deckungslücken der D&O-Versicherung führen. Manager sollten daher ihre D&O-Verträge unbedingt überprüfen.

Deckungsprozess wegen Geschäftsführerhaftung

Hintergrund der Entscheidung ist die Vorschrift des § 64 GmbHG. Danach haften Geschäftsführer persönlich für Zahlungen der Gesellschaft, die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Feststellung der Überschuldung geleistet werden. Leider wird diese Vorschrift von Geschäftsführern häufig nicht beachtet. Im Fall des OLG Düsseldorf nahm ein Insolvenzverwalter die Geschäftsführerin einer GmbH erfolgreich nach § 64 GmbHG in Anspruch, weil die GmbH nach Eintritt der Insolvenzreife noch Überweisungen in Höhe von über EUR 200.000,00 ausgeführt hatte. Die Geschäftsführerin verlangte daraufhin Freistellung von ihrer D&O Versicherung.

Trotz Deckungslücken kein Versicherungsschutz

Das OLG Düsseldorf entschied, dass die D&O Versicherung nicht die GmbH-Geschäftsführerhaftung nach § 64 GmbHG wegen nach Insolvenzreife getätigter rechtswidriger Zahlungen deckt.

Der Haftungsanspruch nach § 64 GmbHG stehe als „Ersatzanspruch eigener Art“ allein im Interesse der Gläubigergesamtheit eines insolventen Unternehmens. Die Gesellschaft erleide durch die insolvenzrechtswidrigen Zahlungen nach Insolvenzreife hingegen keinen Schaden, da ja eine bestehende Forderung beglichen werde.

Der Haftungsanspruch nach § 64 GmbHG sei auch deshalb nicht mit einem Schadensersatzanspruch vergleichbar, weil verschiedenen Einwendungen (geringerer Schaden, Mitverschulden etc.) bei § 64 GmbHG nicht vorgesehen seien.

Selbst wenn dies zu Deckungslücken der D&O Versicherung führen könne, müsse die Versicherung nicht leisten.

Praktische Bedeutung für Führungskräfte und Versicherungsmakler

Da Insolvenzverwalter häufig Geschäftsführer nach § 64 GmbHG in Anspruch nehmen, kommt der Entscheidung große praktische Bedeutung für Führungskräfte von Unternehmen, Insolvenzverwalter, Versicherungsmakler und Industrieversicherer zu.

Bereits das OLG Celle stellte in einer unveröffentlichten Entscheidung vom 1. April 2016 (Az. 8 W 20/16) – freilich nur als Ergebnis einer summarischen Prüfung im Zusammenhang mit einer prozessualen Kostenentscheidung nach § 91a ZPO – ausdrücklich fest, dass ein gegen einen Geschäftsführer geltend gemachter Zahlungsanspruch aus § 64 GmbHG „kein vom Versicherungsvertrag erfasster Haftpflichtanspruch“ sei.

Nach der bisherigen Rechtsprechung des BGH dient § 64 GmbHG dem Schutz der Gläubigerinteressen. Der Abfluss von Mitteln nach Insolvenzreife stellt keinen Schaden des Unternehmens, sondern der Insolvenzgläubiger dar. Insoweit liegen die OLG-Entscheidungen auf der Linie des BGH.

In der Praxis kann den durch die Deckungslücken entstehenden Risiken nur begegnet werden, in dem bei Neuabschlüssen innerhalb der Versicherungsbedingungen beim Versicherungsfall ausdrücklich geregelt wird, dass auch Ansprüche aus § 64 GmbHG und §§ 93 Abs. 3 Nr. 6 iVm 92 Abs. 2 AktG als Schadensersatzansprüche gelten und damit vom Vermögensschadenbegriff umfasst sind.

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* This article is current as of the date of its publication and does not necessarily reflect the present state of the law or relevant regulation.

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