Das neue ElektroG - 0:1 und 1:1 nach Neufassung

Veröffentlicht am 4th Dez 2015

Fussballergebnisse stehen für deutliche Verschärfung der Hersteller und Händlerpflichten

Mit Inkrafttreten des neuen Elektronikgesetzes (ElektroG) zum 24. Oktober 2015 treffen Hersteller von Elektronikgeräten weitreichende neue Verpflichtungen im Hinblick auf deren Entsorgung und Rücknahme. Die Neuerungen betreffen insbesondere die Hersteller und Online-Händler von Elektro- und Elektronikgeräten. Beide trifft ab sofort die „1:1 Pflicht“, wonach sie Altgeräte im Tausch gegen Neugeräte zurückzunehmen müssen. Für Altgeräte, die in keiner äußeren Abmessung größer als 25 Zentimeter sind, gilt sogar die „0:1 Pflicht“, wonach Hersteller und Händler zur Rücknahme verpflichtet sind, selbst wenn vom Endkunden kein neues Gerät erworben wird. Der Verbraucher ist entsprechend über die Möglichkeiten der Rückgabe sowie die separate Entsorgungsnotwendigkeit von Elektro-Altgeräten und das Symbol der durchgestrichenen Mülltonne zu informieren. Auch sieht das neue ElektroG geänderte Anforderungen an den durch die Hersteller jährlich zu erbringenden Garantienachweis vor, so dass bestehende Garantien an die neue Rechtslage angepasst werden müssen. Zudem fallen zukünftig auch Leuchten für die Nutzung in privaten Haushalten und Photovoltaikmodule in den Geltungsbereich des ElektroG, so dass Hersteller und Händler zu einer Registrierung bei den zuständigen Behörden verpflichtet sind. Sofern Elektrogeräte vertrieben werden, ohne eine eigene Niederlassung in Deutschland zu besitzen, besteht zukünftig die Pflicht zur Benennung eines Bevollmächtigten. Gleiches gilt für den Vertrieb im europäischen Ausland. Bereits registrierte Hersteller müssen dieser Pflicht innerhalb der sechsmonatigen Übergangsfrist nachkommen, um dem Risiko der Aufhebung ihrer Registrierung durch die Gemeinsame Stelle, Stiftung ear zu begegnen.

Das neue ElektroG, welches am 24. Oktober 2015 in Kraft getreten ist, dient der Umsetzung der WEEE 2 Richtlinie (Richtlinie 2012/19/EU vom 4. Juli 2012 über Elektro- und Elektronikaltgeräte, engl.: waste electrical and electronic equipment) der Europäischen Union. Deutschland ist damit eines der letzten EU-Länder, das die WEEE2-Richtlinie in nationales Recht umsetzt: über 1,5 Jahre nach Ablauf der entsprechenden Frist. Aufgrund der Fristüberschreitung hatte die EU-Kommission gegen Deutschland bereits Ende Mai ein Verfahren beim Europäischen Gerichtshof eingeleitet. Im Folgenden finden Sie eine Zusammenstellung der wesentlichen Neuerungen:

Herstellerbegriff

Die Novelle des ElektroG knüpft die Verpflichtetenstellung an die Herstellereigenschaft an. Neben den bereits bekannten Kategorien anhand derer bestimmte Personengruppen als Hersteller zu klassifizieren sind, beinhaltet das neue ElektroG eine Klarstellung, dass der Hersteller das Elektrogerät nicht tatsächlich einführen muss, sondern bereits das Anbieten eines noch einzuführenden Elektrogerätes genügt.

Erweiterung des Anwendungsbereichs

Mit der Novelle fallen Photovoltaikmodule ebenfalls in den Anwendungsbereich des ElektroG und ergänzen dort Kategorie 4: “Geräte der Unterhaltungselektronik und Photovoltaikmodule”. Hierbei müssen Hersteller von Photovoltaikmodulen innerhalb einer Übergangsfrist von vier Monaten nach Inkrafttreten des ElektroG registriert sein. Unter Kategorie 5: “Beleuchtungskörper ” werden nun zusätzlich alle Wohnraumleuchten ohne fest verbaute Lichtquellen (z. B. mit E27 oder E14 Sockel für Leuchtmittel) einbezogen. Hier gilt die gleiche Übergangsfrist wie in der Kategorie 4.

Registrierung

Bevor Elektrogeräte im Anwendungsbereich des ElektroG überhaupt in Verkehr gebracht werden dürfen, müssen sie bei der Gemeinsamen Stelle, Stiftung ear registriert werden. Hier bleibt es bei der nationalen Registrierung, auf eine europaweit einheitliche Registrierung konnten sich die Mitgliedsstaaten hingegen nicht einigen. Eine umfassende Neuregistrierung wird sowohl auf neue als auch auf bereits registrierte Hersteller im Vorfeld des 15. August 2018 zukommen. Zu diesem Datum werden die bisher gültigen zehn Produktkategorien des ElektroG in die sechs Kategorien überführt, die durch die WEEE2 Richtlinie ab Sommer 2018 zwingend vorgegeben sind. Davon sind alle Registrierungen betroffen, da diese pro Gerätekategorie, Geräteart und Marke erfolgen müssen. Ebenfalls greift ab diesem Datum der offene Anwendungsbereich des ElektroG für sämtliche Elektrogeräte, die nicht explizit durch den Ausnahmetatbestand von der Anwendung ausgeschlossen werden.

Garantien

Voraussetzung für die Registrierung ist u.a., dass Hersteller von Elektrogeräten für private Verbraucher eine insolvenzsichere Garantie beibringen, die die Rücknahme und Entsorgung der Menge von jährlich in den Verkehr gebrachten Geräten absichert. Nach der ElektroG Novelle verbleiben insgesamt zwei Garantiemöglichkeiten; entweder die Beibringung einer hersteller-individuellen Garantie (z.B. durch eine Bürgschaft/Garantie auf erstes Anfordern eines Kreditinstituts) oder die Beteiligung an einem Herstellergarantiesystem, wobei die bisher bekannten Garantiesysteme dafür nicht mehr zur Verfügung stehen. Erstmalig ist die Garantiesumme auch zwingend für ein Kalenderjahr zu hinterlegen, wobei hingegen die Pflicht zur Stellung eines Treuhänders entfällt. Somit trifft auch bereits registrierte Hersteller die Pflicht, ihre Garantie an die neue Gesetzeslage anzupassen, wenn sie 2016 Geräte auf den Markt bringen möchten. Eine Anpassungspflicht besteht nur dann nicht, wenn die Garantie zum Zeitpunkt des Inkrafttretens bereits den neuen Anforderungen genügt hat oder der Garantiegültigkeitszeitraum vor dem 31.12.2015 ausläuft.

Rücknahmeverpflichtung

Das neue ElektroG führt zu einer Ausweitung der Rücknahmeverpflichtung von alten Elektrogeräten auf den Handel und Vertrieb. Dabei sind stationäre Händler, mit einer Verkaufsfläche für Elektrogeräte von 400 qm sowie Online Händler mit einer Versand- und Lagerfläche für Elektrogeräte von 400 qm verpflichtet, beim Verkauf eines neuen Elektrogerätes an einen Endnutzer ein Altgerät der gleichen Geräteart, das im Wesentlichen die gleichen Funktionen wie das neue Gerät erfüllt, unentgeltlich zurückzunehmen. Soweit das Elektro-Altgerät eine Kantenlänge von 25 cm nicht überschreitet, besteht sogar eine generelle Rücknahmeverpflichtung unabhängig davon, ob der Endkunde ein vergleichbares Neugerät erwirbt oder nicht. Zu Gunsten von Online-Händlern findet sich in der Gesetzesbegründung eine wichtige Einschränkung. Für den Fall, dass ein Online-Händler mehrere Versandlager besitzt, ist ausschließlich die Fläche am jeweiligen Standort (von dem aus der Versand erfolgt) maßgeblich. Gem. § 17 Abs. 2, Satz 2 ElektroG ist die Rücknahme durch “geeignete Rückgabemöglichkeiten“ in zumutbarer Entfernung zum jeweiligen Endnutzer zu gewährleisten. Für Online-Händler kommen dafür, ausgehend von der Gesetzesbegründung, die Kooperation mit dem stationären Handel oder die Schaffung von Rücksendemöglichkeiten in Betracht. In letzterem Fall kann insbesondere die nächstgelegene Annahmestelle des Vertragspaketdienstleisters als Rückgabestelle fungieren.

Informations- und Mitteilungspflichten

Im Hinblick auf die Verbraucherinformation hat der Gesetzgeber für Hersteller wichtige Informationspflichten festgelegt. Demnach sind Hersteller verpflichtet, über die separate Entsorgungsnotwendigkeit von Elektro-Altgeräten, das Symbol der durchgestrichenen Mülltonne, die schädlichen Auswirkungen von in Elektrogeräten enthaltenen Gefahrstoffen auf die Umwelt und die menschliche Gesundheit, sowie über die Möglichkeiten der Rückgabe und Sammlung von Altgeräten und die nächstgelegen Sammelstelle zu informieren.
Darüber hinaus bestehen regelmäßige Meldepflichten an die Stiftung ear, die sich zum Teil danach unterscheiden welche Elektrogeräteart betroffen ist und ob diese im B2B oder B2C Bereich vertrieben wird. Eine ausführliche Übersicht über alle Meldepflichten entsprechend der neuen Regelungen findet sich auf der Website der Stiftung ear.

Ausländische Hersteller

Ausländische Hersteller sind bei der Stiftung ear nicht mehr registrierungsfähig. Hersteller, die bereits ohne Niederlassung in Deutschland registriert sind, müssen daher innerhalb einer Übergangsfrist von sechs Monaten entweder eine Niederlassung in Deutschland einrichten oder einen Bevollmächtigten mit Niederlassung in Deutschland benennen. Dieser Bevollmächtigte hat mit der Ernennung alle dem Hersteller nach dem ElektroG obliegenden Pflichten zu erfüllen.

Gebühren und Kosten

Zusammen mit dem neuen ElektroG ist auch die neue Gebührenverordnung (ElektroGGebV) in Kraft getreten, die ihre Vorgängerregelung ablöst und insgesamt zu einem Kostenanstieg bei sämtlichen Registrierungsvorgängen geführt hat. 

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* This article is current as of the date of its publication and does not necessarily reflect the present state of the law or relevant regulation.

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