Vorschlagsliste für Betriebsratswahl mit nur einem Kandidaten auch bei größerem Betriebsrat zulässig

Veröffentlicht am 11th Sep 2014

Immer wieder kommen Streitigkeiten um die Durchführung einer Betriebsratswahl zur Entscheidung durch die Gerichte. So hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf kürzlich bestätigt, dass eine Betriebsratswahl auch bei Vorliegen nur einer Vorschlagsliste mit einer Wahlbewerberin weiter durchgeführt werden konnte, obwohl insgesamt mehrere Betriebsratsmitglieder zu wählen waren (Beschluss vom 4. Juli 2014 – 6 TaBV 24/14).

Der Sachverhalt

In einem Unternehmen der Medienbranche verfügte der Betriebsrat nach einem Betriebsübergang nur noch über ein Übergangsmandat (§ 21 a BetrVG) und leitete daher im Februar 2013 das Verfahren für Betriebsratsneuwahlen ein. Für den Betrieb mit insgesamt 75 Mitarbeitern war ein Betriebsrat mit einer Größe von fünf Mitgliedern zu wählen (§ 9 BetrVG).

Der Wahlvorstand erließ ein Wahlausschreiben, bestimmte einen Termin für die Stimmabgabe und setzte für die Einreichung von Vorschlagslisten eine Frist bis zum 29. April 2013. Bis zu diesem Tag wurde lediglich eine Vorschlagsliste mit einer ausreichenden Zahl von Stützunterschriften eingereicht, die jedoch nur eine Wahlbewerberin aufwies. Trotzdem beschloss der Wahlvorstand, die einzige Bewerberin zur Wahl zuzulassen, machte die Vorschlagsliste durch Aushang im Betrieb bekannt und führte die Betriebsratswahl durch. Die Bewerberin erhielt 24 gültige Stimmen und der Wahlvorstand stellte als Wahlergebnis ihre Wahl fest.

Die Arbeitgeberin hat mit ihrem fristgerecht binnen zwei Wochen beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag die Betriebsratswahl angefochten. Sie macht geltend, da sich nicht genügend Wahlbewerber gefunden hätten, hätte überhaupt keine Wahl stattfinden dürfen. Jedenfalls hätte der Wahlvorstand eine Frist zur Nachreichung von Wahlvorschlägen nach Ablauf der eigentlichen Vorschlagsfrist setzen müssen.

Die Entscheidung

Wie schon die Vorinstanz hat das LAG Düsseldorf den Antrag der Arbeitgeberin als unbegründet abgewiesen. Es sei nicht gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden. Der Wahlvorstand habe korrekterweise die Wahl weiter fortgeführt. Insofern sei die Regelung des Falles, dass nicht genügend wählbare Arbeitnehmer vorhanden sind und ein kleinerer Betriebsrat gebildet wird (§ 11 BetrVG) analog anzuwenden auf den hier vorliegenden Fall, dass nicht genügend wählbare Arbeitnehmer kandidieren. Der Betriebsrat sei auf die nächst kleinere, mit den vorhandenen Bewerbern noch zu besetzende Größe zu reduzieren, hier mithin auf ein Betriebsratsmitglied.

Die Situation sei nicht zu vergleichen mit dem Fall des § 13 Abs. 2 Nr. 2 BetrVG, wo bei Absinken der Gesamtzahl der Betriebsratsmitglieder nach Eintreten sämtlicher Ersatzmitglieder unter die vorgeschriebene Zahl eine Neuwahl durchzuführen ist, da in einer solchen Fallkonstellation immerhin die Möglichkeit bestehe, dass genügend neue Bewerber sich für das Betriebsratsamt zur Verfügung stellen.

Der Wahlvorstand habe auch keine Nachfrist für die Einreichung weiterer Wahlvorschläge setzen müssen, da zumindest eine gültige Vorschlagsliste vorlag. Die Vorschrift des § 6 Abs. 2 Wahlordnung BetrVG, wonach jede Wahlliste möglichst doppelt so viele Bewerberinnen und Bewerber aufweisen solle, wie Betriebsratsmitglieder zu wählen sind, sei eine reine Ordnungsvorschrift. Deren Nichtbeachtung führe nicht zur Ungültigkeit der Vorschlagsliste. Somit könne auch eine Vorschlagsliste mit nur einer Bewerberin wirksam eingereicht werden. Eine Nachfristsetzung in Analogie zu § 9 Wahlordnung BetrVG sei auch deshalb abzulehnen, da die bereits eingereichte Liste regelmäßig nicht mehr nachgebessert werden könne, während eine Konkurrenzliste noch eine größere Anzahl Bewerber zusammenbringen und somit ihre Chancen unverhältnismäßig steigern könnte.

Hinweise für die Praxis

Die Entscheidung ist eine klare Stärkung der betrieblichen Mitbestimmung. Auch wenn sich nicht genügend Bewerber für den Betriebsrat finden, soll zumindest ein verkleinerter Betriebsrat die Interessen der Mitarbeiter vertreten. Auf der anderen Seite soll aber nicht das Wahlverfahren durch eine Nachfristsetzung zur Meldung weiterer Bewerber verzögert bzw. beeinflusst werden.

Arbeitgeber sollten sich auf diese Rechtsprechung einstellen und entsprechend reagieren. So kann ein Arbeitgeber ein Interesse daran haben, dass sich ein ausgewogen besetzter Betriebsrat bildet, in dem nicht nur eine Person das gesamte Handeln bestimmt. Um dies zu erreichen, können Arbeitgeber rechtzeitig während der Frist zur Einreichung von Wahlvorschlägen Signale an die Mitarbeiter aussenden, dass sie eine Betriebsratskandidatur gutheißen. Oftmals sind es Bedenken der Arbeitnehmer im Hinblick auf die Reaktion ihres Arbeitgebers, die sie von einer Kandidatur abhält.

Auch aus Sicht der Mitarbeiter ist ein mit nur einer Person und ohne Ersatzmitglied besetzter Betriebsrat nicht günstig, da bei Ausfall dieses einen Mitglieds kein Betriebsrat mehr besteht und es so gegebenenfalls nach einer nur kurzen Amtsausübung zu einer Betriebsratslosigkeit bzw. dem Erfordernis neuerlicher Wahlen kommen kann. Trotzdem sind Einpersonenbetriebsräte, wenn die Entscheidung rechtskräftig wird, nun ggf. öfter zu erwarten.

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