Urlaubsgewährung nach fristloser Kündigung

Veröffentlicht am 27th Feb 2015

Kündigt ein Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristlos sowie hilfsweise ordentlich unter Wahrung der Kündigungsfrist und erklärt er im Kündigungsschreiben, dass der Arbeitnehmer für den Fall der Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung unter Anrechnung der Urlaubsansprüche von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt wird, wird der Anspruch des Arbeitnehmers auf bezahlten Erholungsurlaub nicht erfüllt, wenn die außerordentliche Kündigung unwirksam ist. Dies hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) in seinem Urteil vom 10. Februar 2015 (Az. 9 AZR 455/13) entschieden.

Der Sachverhalt

Der Kläger war bei der Beklagten seit dem 1. Oktober 1987 beschäftigt. Mit Schreiben vom 19. Mai 2011 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis außerordentlich mit sofortiger Wirkung und hilfsweise fristgemäß zum 31. Dezember 2011. Im Kündigungsschreiben heißt es: „Im Falle der Wirksamkeit der hilfsweise fristgemäßen Kündigung werden Sie mit sofortiger Wirkung unter Anrechnung sämtlicher Urlaubs- und Überstundenansprüche unwiderruflich von der Erbringung Ihrer Arbeitsleistung freigestellt.“ Nach Ansicht des Klägers stellt die Freistellungserklärung in der Kündigungserklärung keine Urlaubserfüllung dar, weil kein konkreter Zeitraum bestimmt wurde und nicht konkretisiert sei, ob die Freistellung zur Urlaubsgewährung oder aus anderen Gründen erfolgt sei. Im Kündigungsrechtsstreit schlossen die Parteien einen Vergleich, in dem sie die wechselseitigen Ansprüche regelten. Im Folgenden verlangt der Kläger die Abgeltung von 15,5 Urlaubstagen.

Das Arbeitsgericht Dortmund (Az. 6 Ca 4596/11) hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht Hamm hat der Klage stattgegeben (Az. 16 Sa 763/12). Hiergegen legte die Beklagte Revision ein.

Die Entscheidung

Die Revision der Beklagten hatte vor dem BAG Erfolg. Nach Ansicht des BAG setzt nach § 1 BurlG die Erfüllung des Anspruchs auf Erholungsurlaub neben der Freistellung von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung auch die Zahlung der Vergütung voraus. Deshalb gewährt nach Ansicht des BAG der Arbeitgeber durch die Freistellungserklärung in einem Kündigungsschreiben nur dann wirksam Urlaub, wenn er dem Arbeitnehmer die Urlaubsvergütung vor Antritt des Urlaubs zahlt oder vorbehaltslos zusagt. Folglich habe der Arbeitgeber im vorliegenden Fall den Anspruch des Klägers auf bezahlten Erholungsurlaub mangels einer vorbehaltslosen Zusage von Urlaubsentgelt nicht erfüllt. Im Ergebnis war die Klage jedoch abzuweisen, da sich die Parteien in dem vor dem Arbeitsgericht geschlossenen Vergleich über ihre Ansprüche abschließend geeinigt hatten.

Hinweise für die Praxis

Die Entscheidung des BAG liegt derzeit nur als Pressemitteilung vor. Allerdings deuten bereits die knappen Ausführungen in der Pressemitteilung eine Rechtsprechungsänderung im Hinblick auf die vorsorgliche Urlaubsgewährung im Falle einer hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigung an.

Im Jahr 2007 hatte das BAG noch ausdrücklich entschieden, dass der Arbeitgeber den Urlaub vorsorglich für den Fall gewähren kann, dass eine von ihm erklärte ordentliche oder außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnis nicht auflöst (Urteil vom 14. August 2007 – Az. 9 AZR 934/06). Mit diesem Urteil hat das BAG eine bislang divergierende Rechtsprechung der Landesarbeitsgerichte entschieden und damit deutlich gemacht, dass es die Interessen des Arbeitgebers im Hinblick auf die Vermeidung von eventuell geschuldeten Annahmeverzugslohn- und Urlaubsabgeltungsansprüchen gegenüber den Interessen des Arbeitnehmers als vorrangig erachtet.

Diese Interessenpriorität scheint das BAG nunmehr korrigieren zu wollen.

Arbeitgeber sollten vorsorglich überprüfen, ob die bisherige Rechtsprechung Eingang in ihre Musterkündigungsschreiben gefunden hat und eine vorsorgliche Urlaubsgewährung vorgesehen ist. Für die Frage, ob und wie zukünftig eine vorsorgliche Urlaubsgewährung im Falle einer fristlosen Kündigung umgesetzt werden kann, ist die Veröffentlichung der Urteilsgründe abzuwarten.

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* This article is current as of the date of its publication and does not necessarily reflect the present state of the law or relevant regulation.

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