Die Novellierung der Arbeitsstättenverordnung – Die wesentlichen Neuerungen

Veröffentlicht am 13th Mar 2017

Am 3. Dezember 2016 ist die novellierte Fassung der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) in Kraft getreten. Wesentliche Neuerungen der Verordnung sind die Definition des Telearbeitsplatzes, eine Regelung zur Arbeitsschutzunterweisung durch den Arbeitgeber sowie Regelungen zur Sichtverbindung nach außen in Arbeitsräumen und zu Kleiderablagen. Insbesondere ist durch die Novellierung die bisherige Bildschirmarbeitsverordnung in die ArbStättV integriert worden. Die ArbStättV enthält Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten beim Einrichten und Betreiben von Arbeitsstätten. Ziel der Verordnung ist es, die Beschäftigten zu schützen und Arbeitsunfälle sowie Berufskrankheiten möglichst zu vermeiden.

Der Telearbeitsplatz

Der Gesetzgeber hat eine Definition des Telearbeitsplatzes in die Verordnung aufgenommen (§ 2 Abs. 7 ArbStättV). Ein Telearbeitsplätz ist ein vom Arbeitgeber fest eingerichteter Bildschirmarbeitsplatz im Privatbereich der Beschäftigten, für den der Arbeitgeber eine mit den Beschäftigten vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit und die Dauer der Einrichtung festgelegt hat. Insoweit fällt gelegentliches Arbeiten mit dem Laptop von zu Hause oder das ortsungebundene „mobile Arbeiten“ im Zug, Café oder am Flughafen nicht unter den Begriff des Telearbeitsplatzes.

Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssen eine Vereinbarung treffen (z.B. im Rahmen des Arbeitsvertrages oder als arbeitsvertragliche Zusatzvereinbarung). Inhaltlich umfasst eine solche Vereinbarung die wöchentliche Arbeitszeit am Telearbeitsplatz und die Dauer der Einrichtung des Telearbeitsplatzes an sich (z.B. befristet auf ein Jahr oder unbefristet). Ein Telearbeitsplatz ist vom Arbeitgeber erst dann eingerichtet, wenn Arbeitgeber und Beschäftigte die Bedingungen der Telearbeit arbeitsvertraglich oder im Rahmen einer Vereinbarung festgelegt haben und die benötigte Ausstattung des Telearbeitsplatzes mit Mobiliar und Arbeitsmitteln einschließlich der Kommunikationseinrichtungen durch den Arbeitgeber oder eine von ihm beauftragte Person im Privatbereich des Beschäftigten bereitgestellt und installiert ist.

Ebenso müssen die wesentlichen Bedingungen geregelt werden. Dies kann mittels arbeitsvertraglicher Regelung geschehen oder im Wege einer Betriebsvereinbarung mit dem Betriebsrat. Wesentliche Bedingungen sind beispielsweise, die Dauer der Telearbeit, Art und Umfang der technischen Einrichtungen, die Frage, wer für die Arbeit von zu Hause aus in Betracht kommt, Zutrittsrechte des Arbeitgebers, etc.

Wesentlich ist, dass der Telearbeitsplatz erst dann eingerichtet ist, wenn der Arbeitgeber oder ein Beauftragter Dritter die benötigte Ausstattung bereitstellt. Umfasst sind davon insbesondere auch das Mobiliar, Arbeitsmittel und die Kommunikationseinrichtungen. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor – arbeitet ein Arbeitnehmer aber gleichwohl von zu Hause aus, liegt kein Telearbeitsplatz im Sinne der ArbStättV vor.

Der Arbeitgeber schafft sich damit aber keinen Vorteil, da der Gesetzgeber den Telearbeitsplatz privilegiert hat: So finden auf Telearbeitsplätze nur vereinzelte Regelungen der ArbStättV Anwendung (vgl. § 1 Abs. 3 ArbStättV). Beispielsweise ist nur eine einmalige Beurteilung der Arbeitsbedingungen vorzunehmen. Vorschriften für Fluchtwege und Notausgänge finden hingegen keine Anwendung. Liegt kein Telearbeitsplatz im Sinne der Verordnung vor, gelten hingegen die übrigen Regelungen der ArbStättV uneingeschränkt. Die Privilegierung entfällt.

Gefährdungsbeurteilung

Eine weitere Neuerung umfasst die Berücksichtigung psychischer Belastungen bei der Erstellung einer Gefährdungsbeurteilung (§ 3 Abs. 1 ArbStättV). Unter den Begriff der psychischen Belastung fallen beispielsweise störende Geräusche oder Lärm am Arbeitsplatz. Die Aufnahme der psychischen Belastungen hat nur klarstellenden Charakter, denn die Berücksichtigung psychischer Belastungen bei der Erstellung der Gefährdungsbeurteilung ist bereits im Arbeitsschutzgesetz verankert (§ 5 Abs. 3 Nr. 6 ArbSchG). Für Telearbeitsplätze gilt die Besonderheit, dass nur vor Aufnahme der Tätigkeit eine Beurteilung erforderlich ist.

Arbeitsschutzunterweisung

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die Beschäftigen in verständlicher Form und Sprache zur Sicherheit am Arbeitsplatz zu unterweisen (§ 6 ArbStättV). Eine solche Unterweisung hat insbesondere auch Hinweise zur Bedienung von Sicherheits- und Warneinrichtungen sowie zur Ersten Hilfe und die dazu vorgehaltenen Mittel und Einrichtungen zu beinhalten. Die Unterweisung muss fortan vor Aufnahme der Beschäftigung erfolgen und danach einmal pro Jahr wiederholt werden. Den Arbeitgeber trifft zur Unterweisung grundsätzlich keine Dokumentationspflicht. Trotzdem sollten Arbeitgeber die Unterweisung aus Beweiszwecken hinsichtlich Art und Umfang möglichst schriftlich dokumentieren. Es stellt zudem eine Ordnungswidrigkeit dar, wenn der Arbeitgeber nicht sicherstellt, dass die Beschäftigten vor Aufnahme der Tätigkeit unterwiesen werden (§ 9 Abs. 1 Nr. 9 ArbStättV).

Arbeitsräume mit Sichtverbindung nach außen

Arbeitsräume müssen möglichst ausreichend Tageslicht erhalten und eine Sichtverbindung nach außen haben (Anhang 3.4 ArbStättV). Von diesem Erfordernis gibt es zahlreiche Ausnahmen: z.B. haben Räume Bestandschutz, die bis zum 3. Dezember 2016 eingerichtet worden sind oder mit deren Einrichtung bereits begonnen war. Ausgenommen sind auch Räume, bei denen betriebs-, produktions- oder bautechnische Gründe der Gewährleistung von Tageslicht oder einer Sichtverbindung nach außen entgegenstehen. Ebenso ausgenommen sind Räume, die nur dem kurzzeitigen Aufenthalt dienen (etwa Teeküchen, Nebenräume) und Räume mit Publikumsverkehr, wie Bahnhofs- oder Flughafenhallen oder Räume innerhalb von Kaufhäusern und Einkaufszentren.

Kleiderablagen

Arbeitgeber müssen nicht mehr befürchten ihren Mitarbeitern abschließbare Kleiderspinde zur Verfügung stellen zu müssen. Von dieser Forderung, die in der damaligen Diskussion um die novellierte ArbStättV aufkam, hat der Gesetzgeber Abstand genommen. Den Beschäftigten sind aber mindestens eine Kleiderablage zur Verfügung zu stellen, sofern keine Umkleideräume vorhanden sind (Anhang 3.3. ArbStättV).

Fazit

Der Gesetzgeber hat eine Definition des Telearbeitsplatzes geschaffen: Es muss eine Vereinbarung mit dem Arbeitnehmer vorliegen und Arbeitsmittel müssen vom Arbeitgeber bereitgestellt werden. Der Arbeitsplatz muss vom Arbeitgeber oder von einer von ihm beauftragten Person eingerichtet werden (d.h. vor allem: Bereitstellung und Installation von Mobiliar und technischer Einrichtung). Zudem muss der Arbeitgeber auch psychische Gefährdungen bei der Gefährdungsbeurteilung berücksichtigen und muss die Arbeitnehmer im sicherheitsgerechten Verhalten am Arbeitsplatz verständlich unterweisen (vor Beginn der Beschäftigung und danach einmal pro Jahr). Es gibt zahlreiche Ausnahmen von dem Erfordernis der Sichtverbindung nach außen in Arbeitsräumen. Der Arbeitgeber muss Beschäftigten eine Kleiderablage zur Verfügung stellen, sofern keine Umkleideräume vorhanden sind.

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* This article is current as of the date of its publication and does not necessarily reflect the present state of the law or relevant regulation.

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